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Kulturstatistik

Statistik: MINSK WHERE 8/2012, S. 22.

Laut einer Übersicht des Stadtmagazins WHERE MINSK (9/2012) gehen die Minsker am liebsten ins Kino. Direkt danach folgt schon das Museum, das Theater steht an dritter, Konzerte an vierter Stelle. Mit ihrer Vorliebe für die Lichtspiele überbieten die Belarussen demnach die Russen um das dreifache, die Ukrainer um das vierfache.

127 Vorführungen bieten die 15 Minsker Kinos durchschnittlich am Tag, jeder 12. sah darin den Film „Fluch der Karibik – Auf zu neuen Ufern“ und das, obwohl sich die Zahl der Sitzplätze seit 2005 (18.000) bis 2011 halbiert hat (9.000). Die Zahl der Besucher ist aber im selben Zeitraum von 3.200.000 auf 5.000.000 gestiegen.

Zu den Museen: 1.200.000 Menschen haben 2011 die Minsker Museen besucht (insgesamt 17, davon drei historische, vier kunsthistorische sowie „andere“). Das Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges hatte 700 Besucher pro Tag zu verzeichnen, das Nationale Kunstmuseum 584 und das Nationale Historische Museum 555 pro Tag. Wenig Besucher hatten (erstaunlicherweise!) das Azgur-Museum mit 10.300 Besuchern im Jahr, das Medizinhistorische Museum mit 4.500 und das Sportmuseum mit 6.200 Besuchern im Jahr. Die reichste Sammlung hat das Nationale Historische Museum (284.300 Objekte), die kleinste das Museum für zeitgenössische Kunst (2.709 Objekte).

Unter den Theatern ist das Opern- und Balletttheater das weitaus beliebteste (238.000 Besucher 2011), gefolgt vom Musiktheater (198.000) und dem Gorkij-Theater (105.000). Jede siebte Vorstellung ist eine Premiere, insgesamt wurden 2011 940 Aufführungen gezeigt, 139 von ihnen waren neu.

Der heimliche Favorit ist schließlich der Zirkus: Hier wurden 2011 386.000 Eintrittskarten verkauft, oft lange im voraus.

„Ohne Titel“

Foto: http://checkthis.com/ojy2

Ein weiteres Mal fand neulich aus Anlass des Jahrestages der Auflösung des Minsker Ghettos die Aufführung des Theaterstücks zur Erinnerung an diese düstere Periode der belarussischen Geschichte statt. Die Uraufführung hatte bereits im Mai 2001 in der Geschichtswerkstatt stattgefunden. Seitdem hat die experimentelle Theatergruppe um Anna Sulima das Stück erweitert und überarbeitet. Initiator der aktuellen Aufführung im Kulturpalast der Veteranen war dieses Mal die Vereinigung „Verständigung“ , einer der Partner der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft hier in Belarus.

Leider kann das Stück mangels Geld und Ort nicht öfter aufgeführt werden. Das ist sehr bedauerlich, denn auch beim zweiten Mal war der Eindruck des Stücks wieder sehr nachhaltig und stark. Vielleicht findet sich in Deutschland ein Sponsor, der es der Gruppe ermöglicht, die Inszenierung auch dort zu zeigen?

Besucherzahlen Minsker und belarussischer/weißrussischer Museen

Angesichts einiger bevorstehender Kulturereignisse, waren die Besucherzahlen der Museen eine Meldung des Kulturministeriums wert. 2011 besuchten 5 Millionen Menschen die Museen von Belarus (zum Vergleich: 1,9 Mio waren es in den Theatern).

An der Spitze der meist besuchten Museen steht die Festung Brest mit 300.000 Besuchern, es folgt das Museumsensemble in Gomel mit 200.000. Ebenso viele Besucher zählte das Schloss Nesvizh (schon jetzt vor der Wiedereröffnung im Juni), das Schloss Mir besuchten 180.000 Interessierte. Das Nationale Kunstmuseum zählte 160.000 Besucher.

Die steigenden Zahlen bestätigen den Minister in seinem Vorhaben, den Tourismus weiter zu entwickeln. Günstig würden sich dazu die Neueröffnung des Schlosses Nesvizh im Juni erweisen, ebenso wie die Eröffnung der Michail Savitskij-Galerie und weitere Vorhaben. Die Erwähnung des „Museums der belarussischen Staatlichkeit“ in diesem Zusammenhang ist insofern interessant, als dies, so die bisherige Information, nicht für den Publikumsverkehr geöffnet sein soll. Außerdem sollen Belarussische Kulturzentren im Ausland eröffnet werden. Eines gibt es bereits in Warschau, weitere sind für Moskau.

Theater gegen das Vergessen

Foto: Geschichtswerkstatt Minsk

Am 27.5.2011 fand in der Geschichtswerkstatt die Uraufführung des Theaterstücks «Без названияМинское гетто» („Ohne Titel – Minsker Ghetto“) statt. Unter der Leitung der Theaterregisseurin Anna Sulima fassten die Schauspielerinnen und Schauspieler der Theatergruppe «Театральный квадрат» („Theater quadrat“) das Grauen der Konzentrationslager in eindrucksvolle, starke Bilder.

Das Projekt ist in Kooperation mit dem Historischen Institut der Belarussischen Staatlichen Universität entstanden, an der der Leiter der Geschichtswerkstatt, Kuzma Kozak, unterrichtet. Für das Stück gewann die junge Regisseurin Studierende unterschiedlicher Fakultäten, die meisten Historiker. Für die inhaltlichen Grundlagen arbeitete Sulima mit Überlebenden des Minsker Ghettos und anderer Lager zusammen, die sich regelmäßig in der Geschichtswerkstatt treffen. Auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde und Verbände, Leonid Lewin, wirkte an der Realisierung mit.

Foto: Geschichtswerkstatt Minsk

Die 30 geladenen Gäste erlebten eine eindrucksvolle Inszenierung, die für die Räumlichkeiten der Geschichtswerkstatt entstanden ist. Neben Ausdruckstanz und Musik trugen die jungen Laienschauspieler Textstellen aus Erinnerungen von Überlebenden in deutscher, französischer, russischer, belarussischer, polnischer und litauischer Sprache vor. Darin kommt das zentrale Anliegen der Autorin zum Ausdruck, an alle Opfer des Holocaust aus verschiedenen Ländern zu erinnern, auch wenn, so die Künstlerin selbst, kein Theaterstück, kein künstlerischer oder anderer Ausdruck jemals in der Lage sei, die schrecklichen Erfahrungen der Betroffenen in Bilder oder Worte zu fassen. In diese Sinne entließ sie ihre sichtlich betroffenen Zuschauer mit den Worten: „Irgendwann wird es niemand mehr glauben.“