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Tatjana Bembel

Von ihr war hier schon mehrmals die Rede, was sich daraus erklärt, dass Tatjana Bembel ihren festen Platz im Minsker Kulturleben hat. Sie ist Leiterin der Städtischen Galerie „Shchemeljova“, dessen Kunst sie nicht besonders schätzt, wie sie offen sagt. Vielmehr ist die Galerie für sie ein Forum und eine Plattform, auf der sie ihre Ideen und Projekte realisieren kann. Dazu gehören Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern ebenso wie Workshops zu privaten Sammlungen in Minsk und vor allem soziale und pädagogische Projekte. Damit ist sie Avantgarde in Minsk, schon vor Jahren hat die damit angefangen. Heute folgen andere Museen, doch noch immer gehen wichtige Impulse von der Galerie für das auch hierzulande aktuelle Thema der Verortung von Museen in der Gesellschaft und städtischen Umgebung. Damit erfüllt sie teilweise Aufgaben, wie man sie bei uns in kommunalen Galerien findet.

Tatjana selber ist die Enkelin des berühmten Architekten Andrej Bembel, Tochter eines Poeten, und überhaupt ist ihre ganze Familie irgendwie berühmt. In einer eigens von Tatjana gegründeten Buchreihe sind die Erinnerungen ihrer Großmutter Olga Bembel-Dedok erschienen (Vospominanija, Minsk 2006), die ein lebendiges Bild der ersten Hälfte des 20. Jh. in Russland und der Sowjetunion zeichnen. In der Buchreihe sollten weitere Memoiren von Frauen folgen, ein Defizit in der Litgeraturlandschaft, leider ist das aber aus finanziellen Gründen bisher im Sande verlaufen. Das mag aber auch an der Art Bembels liegen, die viele Ideen hat, viele umsetzt, dabei aber durchaus ihre eigene Organisation verfolgt. Eine Kollegin nennt das „Bohème“  – damit ist alles klar und auch alles entschuldigt, denn davon gibt es in Minsk und Belarus nicht viele.

Ein bisschen fällt dabei die Diskrepanz zwischen ihrer offenen und kritischen Rede und dem Programm der Galerie sowie ihren sonstigen Aktivitäten auf. Aber vermutlich ist das ein gewisser Pragmatismus aus Erfahrung. Sie nutzt die Spielräume, die es gibt, ohne diese zu strapazieren. Sie hat eine eigene TV-Sendung, eine der wenigen Diskussionrunden zu Themen von Kunst und Kultur, nämlich die Sendung „Strasti po kulture“ auf Belraus 2, moderiert viele kulturelle Veranstaltungen in der Stadt, veröffentlicht Ausstellungskritiken und unterrichtet sie an der EGU in Vilnius, nachdem sie diese Universität, damals noch in Minsk, selber absolviert hat.

Das Azgur-Museum

Eines der außergewöhnlichsten Museen in Minsk ist sicherlich das Azgur-Gedenkmuseum. Es befindet sich in der ehemaligen Werkstatt des Bildhauers Zair Isaakovich Azgurs (1908-1995). Schon allein die Familiengeschichte des jüdischen Künstlers mit dagestaner Wurzeln ist bemerkenswert. Er studierte übrigens auch bei Ju. Pen, der auch ein Lehrer Chagalls gewesen war.

In seiner Minsker Werkstatt fand, wie auch bei dem Künstler Michail Savickij, zu Lebzeiten des Künstlers ein Lehrbetrieb für die Studenten statt. Nach seinem Tode entstand hier 1996 das Museum, dessen Konzeption unter der, man möchte fast sagen, quirligen Direktorin den Werkstattcharakter überzeugend aufnimmt. In dem eindrucksvollen Raum voller riesiger Büsten und Skulpturen aller Sowjetgrößen veranstaltet das Museum seit 2000 regelmäßig Events, Performances und Museumstheater. Damit ist das einzige monographische Museum in Minsk zu einem Kultort für die junge Generation und ein Geheimtipp für Museumstouristen geworden. In der langen Nacht der Museen ist kein Durchkommen und die Karten lange im Voraus ausverkauft.

Bis 2004 war das Haus mit seinen 397 m² Ausstellungsfläche eine Filiale des Nationalen Kunstmuseums, seitdem ist es der Stadt zugeordnet.

Ausstellung der Görlitzer Skorina-Bibel in Minsk und Neswish

Ich zitiere die Pressemitteilung Nr. 13 der Deutschen Botschaft, Minsk, 02.10.2012:

„Am 4. Oktober 2012 um 16 Uhr findet in der Belarussischen Nationalbibliothek Minsk die feierliche Eröffnung der Ausstellung „Franzisk Skorina – Reise in die Heimat“ statt. In dieser Ausstellung wird neben den Skorina-Büchern aus der Sammlung der Nationalbibliothek Minsk erstmals die Skorina-Bibel der OLB (Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften, Görlitz, Bundesrepublik Deutschland) gezeigt. Diese Bibel umfasst 11 zu einem Konvolut zusammengefasste Bücher, die von Franzisk Skorina in den Jahren 1517-1519 in Prag gedruckt wurden. Unter diesen Drucken befinden sich auch solche, die es in der Sammlung der Nationalbibliothek nicht gibt: „Genesis“ mit dem wunderschönen Holzschnitt auf der Titelseite und die vier „Bücher der Könige“ mit dem berühmten Portrait Skorinas.

Die Görlitzer Skorina-Bibel ist eine herausragende bibliophile Rarität der OLB.  Die Drucke gelangten über ihre früheren Eigentümer zunächst von Prag nach Breslau, dann nach Görlitz, wo sie seit 1615 nachgewiesen sind. Sie werden erstmalig in Belarus ausgestellt. Sie werden vom 4.-13. Oktober 2012 im Buchmuseum der Nationalbibliothek und vom 15.- 24. Oktober 2012 im Kulturhistorischen Nationalmuseum Neswish zu sehen sein.

Die Ausstellungen stehen unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland und des Kulturministeriums der Republik Belarus.“

Neues Museum in Planung

Für 2014 ist die Eröffnung eines Museum zu Ehren des Schriftstellter Vasilij Bykov (1924-2003) in dessen ehemaliger Datscha in Zhdanovichi bei Minsk geplant. Das Museum soll zum Jahrestag seines 90. Geburtstags 2014 als Filiale des Museums belarussischer Literatur eröffnet werden. Hier gab es bereits eine Sonderausstellung zu Leben und Werk Bykovs. Weitere Exponate werden derzeit von den Museumsmitarbeitern in der Datscha gesichtet.

Themen der Ausstellung sollen Leben und Werk Bykovs werden sowie sein besonderer Beitrag zur Darstellung des Großen Vaterländischen Krieges. Spätestens an diesem Punkt wird es spannend werden, ist doch Bykovs umfangreiches Werk zu diesem Thema in Belarus umstritten. Während viele, meist kritische Intellektuelle seine Darstellung für ihre differenzierte und ambivalente Perspektive auf den Krieg, oftmals durch die Augen individueller Schicksale, schätzen, sehen Vertreter der staatlichen Geschichtsinterpretation genau darin eine falsche Schilderung des noch immer ausschließlich als heldenhaft gedeuteten Sieges der Roten Armee.

Um eine einseitige Vereinnahmung des Werkes ihres Mannes zu verhindern, war die Witwe Bykovs bis heute nicht bereit, die bei ihr befindlichen Dokumente, Aufzeichnungen und Fotos für ein staatliches Museum zur Verfügung zu stellen. Vielmehr trägt sie sich, so hört man, mit dem Gedanken, selbst ein Museum zu eröffnen.

Kritische Überlegungen zu dem geplanten staatlichen Museum finden sich auch im Internet auf den Seiten von Radio svoboda. Hier werden ein Foto des zerstörten Geburtshauses von Bykov aus dem Jahre 2004 veröffentlicht und folgende Fragen gestellt: „Interessant, wie der Zeitraum 1988-1998 dargestellt wird, als Bykow ein aktiver Teilnehmer der Belarussischen Volksfront war, oder der Zeitraum 1998-2003, als er aus politischen Gründen gezwungen war, außerhalb der Heimat zu leben? Oder wie werden die Beziehungen des Schriftstellers mit Senon Posnjak oder Iwonka Surwila sowie die mit Kollegen Rygor Borodulin, Gennadi Burawkin oder Wladimir Nekljajew dargestellt? Allem Anschein nach wird dies in der Ausstellung gar nicht erwähnt“.

Repin in Weißrussland

Foto: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b8/Belarus-Zdrawneva-Manor_of_Ilya_Repin-1.jpg/800px-Belarus-Zdrawneva-Manor_of_Ilya_Repin-1.jpg

Zwischen 1892 und 1902 hat der russische Maler Ilja Repin die Sommermonate in seinem Landhaus in Zdravnevo, unweit von Vitebsk, im heutigen Belarus verbracht. Sein Vater ist in einem Dorf in der Nähe beerdigt. Heute befindet sich in dem Landhaus ein Museum, eine Filiale des Regionalmuseums Vitebsk.

Die Räume sind mit zeitgenössischen Möbeln und Einrichtungsgegenständen hergerichtet. Außerdem gibt es Dokumente, Fotos, Briefe und persönliche Gegenstände des Künstlers und seiner Familie aus dieser Zeit. Originale Werke von Repin gibt es hier nicht zu sehen, allein einige Reproduktionen zieren die Wände. Um originale Werke des führenden „Wandermalers“ zu sehen, muss man aber nicht bis Moskau reisen, sondern kann sich einige davon im Kunstmuseum Vitebsk ansehen. Im Werk Repins gibt es immer wieder Bezüge zu Weißrussland, darunter sein berühmtes Gemälde „Der Belarusse“ von 1892 (Russisches Museum St. Petersburg).

Übrigens gibt es in Belarus auch eine kleine Stadt mit dem Namen „Repin“, im Gebiet Gomel’, die mit dem Sommersitz des Künstlers nichts zu tun hat.

Spezialmuseen: Erster Weltkrieg

Foto: http://www.partal.by/allnews/mainnews/330.html?print=1

In Zabrodje (Забродье), Minsker Gebiet, gibt es ein ganz besonderes Museum. Es hat den Krieg, hier den Ersten Weltkrieg, zum Thema und befindet sich in einer Kirche. Es handelt sich um eines der wenigen Privatmuseen und geht auf die Sammlung des Künstlers Boris Borisovič Citovič (Борис Борисович Цитович), selbst eine eindrückliche Persönlichkeit, zurück. Die Museumsgeschichte wird wie folgt kolportiert:

1975 verkaufte Boris Borisovič seine Wohnung in Minsk und zog mit seiner Frau in das Dorf Zabrodje. Bei einem Waldspaziergang stieß er auf einen verlassenen Militärfriedhof aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Seitdem lässt ihn das Thema nicht mehr los, er setzte sich für die Erinnerung dieser vergessenen Helden ein und begann, eine Sammlung zusammenzutragen. Den Friedhof richtete er mit seiner eigenen Hände Arbeit wieder her und baute die Kapelle der Heiligen Boris und Gleb. Eben dort ist das erste und (im postsowjetischen Raum?) bisher einzige Museum des Ersten Weltkrieges untergebracht. Die Kapelle ist übrigens als Gotteshaus aktiv.

Über das Museum hinaus findet in Zabrodje regelmäßig eine „Biennale“ statt, an der sich junge europäische Künstler beteiligen, darunter auch der Sohn von Boris Borisovič, der wiederum mit einer Deutschen verheiratet ist, auf deren Einladung hin sich auch viele deutsche Künstler an den Aktionen beteiligen. Auf deren Initiative geht der „Stein der Reue“ in der Nähe des Friedhofs zurück. Doch damit nicht genug: Auch eine einmalige Sammlung alter sowjetischer und europäischer Autos, häufig für historische Filmaufnahmen genutzt, geht auf die Initiative der regen Familie zurück.

Aktuelles Projekt ist die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg „Kroki“, dessen Vorsitzender Boris Borisovič selbst, sein Stellverterter Vjačeslav Bondarenko (der Autor des einzigen populärwissenschaftlichen Buches über den Ersten Weltkrieg in Belarus) ist. Boris Borisovič wiederum war unlängst in der Talkshow von Bondarenko „Otkrytyj format“ zu Gast, als es im November 2011 um die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg ging.

Wer jetzt noch nicht die Übersicht verloren hat, der sollte sich unbedingt auf den Weg nach Zabrodje machen!

Zwei Bildhauer

Foto: http://ctv.by/node/469833

Noch bis Ende Juli findet im Azgur-Museum eine Ausstellung des Bildhauers Konstantin Selichanov statt. Ein Besuch lohnt sich aus zwei Gründen: Zum einen zeichnet sich das Werk Selichanovs durch einen ganz eigenen Stil aus, den der Künstler selber „neuen sozialistischen Realismus“ nennt. In der aktuellen Ausstellung stehen Sportler der 30er Jahre im Zentrum – zugleich gesichtslos Teil einer imposanten Parade, und doch individuell, jeder für sich. An den Skulpturen arbeitete Selichanov, dessen Werk insgesamt vom Film inspiriert ist, fast 10 Jahre.

Der Ausstellungsort, das Azgur-Museum in Minsk, hat der Künstler nicht zufällig gewählt, und das ist auch der zweite Grund für einen Besuch der Ausstellung. Die Atmosphäre im Museum ist geprägt von den zahlreichen monumentalen Skulpturen vergangener Zeiten, die der Bildhauer Zair Azgur hier, in seiner Werkstatt, angefertigt hat. Zair Isaakovich Azgur (1908-1995) war ein sowjetischer Bildhauer, in Vitebsk geboren, hauptsächlich aktiv in Minsk. Von ihm stammen die Figuren am Opernhaus sowie zahlreiche Büsten bekannter Persönlichkeiten im Stil des sozialistischen Realismus. Seine Werkstatt bietet eine ideale Umgebung für die Werke Selichanovs, die zusammen mit Azgurs Skulpturen gleichsam eine Verbindung eingehen und Parallelen im Werk beider Künstler sichtbar werden lassen.

Unterwegs im Osten: Vitebsk

Die an der russischen Grenze gelegene, drittgrößte Stadt des Landes wird, wenn überhaupt, bei uns allenfalls mit Marc Chagall in Verbindung gebracht: Eines seiner berühmtesten Gemälde, „Über Vitebsk“, erinnert an seine Jahre in der Stadt. Lange war er allerdings in seiner Heimat gar nicht als „weißrussischer“ Künstler im Bewusstsein, vielmehr führten ihn die sowjetischen Lexika als französischen Künstler. Dabei wurde er in der Nähe von Vitebsk geboren (1887) und verbrachte seine Jugend hier. Im Sommer 1914 kehrte er noch einmal zurück. Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges konnte er nicht mehr nach Paris zurückkehren und verbrachte weitere acht Jahre in Vitebsk.

Dabei hinterließ er weitere Spuren, die bis vor wenigen Jahren für den Unkundigen kaum auszumachen waren. Erst allmählich entdeckt die Stadt ihren verlorenen Sohn wieder. Ohne Zweifel ist Chagall für den internationalen Tourismus, der bis heute kaum stattfindet, der wichtigste Grund, die Stadt zu besuchen. Für den belarussischen und regionalen Tourismus ist es darüber hinaus das jährlich stattfindende Musikfestival „Sljavanskij Bazar“.

Für einen Besuch der Stadt spricht weiterhin die offene, angenehme Atmosphäre, die der Fußgängerzone im Zentrum zu verdanken ist. Gerade bei sommerlichen Temperaturen sind die zahlreichen Cafés gut besetzt, man hört Straßenmusik und Jugendliche verbringen ihren Abend auf den Bänken und in den kleinen Parks.

Zu Beginn der Fußgängerzone steht das ehemalige Rathaus, das heute das Regionalmuseum beherbergt. Wer keine Lust auf die in der Tat ein wenig verstaubte Ausstellung hat, dem sei der Aufstieg auf den Turm zu empfehlen, von dem man einen wunderbaren Blick über die Stadt und Umgebung hat.

Am anderen Ende der Fußgängerzone stößt man auf das Marc-Chagall-Art-Center. Es steht in einem kleinen Park, in dessen Zentrum ein Obelisk an den Sieg über Napoleon erinnert. Dieser hatte sich einige Zeit in dem ebenfalls am Platz befindlichen Gouverneursgebäude aufgehalten, in dem heute der KGB residiert. Bevor sich der französische Kaiser entschied, doch gen Moskau zu ziehen, scheint es ihm Vitebsk angetan zu haben: Er plante einen längern Aufenthalt und bestellte sogar die Pariser Oper zur Unterhaltung in die Stadt.

Chagall in Vitebsk

Das Chagall-Art-Center.

Sowjetische Lexika führten Marc Chagall als französischen Künstler, so dass er nach 1991 für seine belarussische Heimat erst wieder entdeckt werden musste. Ein erster Schritt war die Gründung des Chagall-Kunst-Zentrums in Vitebsk, in dem heute in wechselnden Ausstellungen graphische Arbeiten des Künstlers ausgestellt werden. 1997 wurde das Wohnhaus, in dem Chagall seine Jugend verbrachte, als Museum hergerichtet und verzeichnet seitdem eine wachsende Besucherzahl.

Außerdem kann man in der Stadt noch das Gebäude der Kunstschule besichtigen, das Chagall als Kommissar für die „Schönen Künste“ 1919 gegründet hat. Hier ist ein Zentrum für zeitgenössische Kunst geplant, von dem bisher aber nur eine Baustelle zu sehen ist. Darüber hinaus steht noch ein Gebäude, in dem Chagall vermutlich in die jüdische Sonntagschule gegangen ist.

Dass Chagall noch immer nicht ganz im belarussischen Bewusstsein angekommen ist, zeigt z.B. die Tatsache, dass bisher keines der Gebäude mit einer Gedenktafel oder einem anderen Hinweis versehen. Auch gibt es kein Tourismuskonzept, keine Hinweise in der Stadt, geschweige denn Merchandising-Artikel.

Glaubt man der umtriebigen Direktorin, Ludmilla Chmelnickaja, der beiden Chagall-Museen, so ist all das für die Zukunft geplant. Bis jetzt aber muss sie die Sammlungsbetreuung, Führungen und Veranstaltungen mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern bestreiten.

Das ehemalige Wohnhaus von Marc Chagall.

Seit einigen Jahren veranstaltet das Kunstzentrum die jährlichen „Chagall-Lesungen“ und gibt seit 2000 ein „Bulletin“ heraus. Es informiert über Neuigkeiten zum Museum, Veranstaltungen, Ausstellungen, enthält wissenschaftliche Beiträge, Texte von Chagall sowie die Publikation der jährlichen Konferenzbeiträge. Nach der anfänglichen zweisprachigen Veröffentlichung in russisch und belarussisch, erscheinen die Hefte nunmehr nur auf russisch – zu wenig Feedback zu der belarussischen Ausgabe, wie mir die Direktorin sagte.

Erwähnenswert ist noch die umfangreiche Bibliothek zu Chagall, mit über 5.000 Bänden, die mittlerweile Forscher aus aller Welt anlockt. Zur Sammlung des Museums gehören ca. 300 Arbeiten des Künstlers, darunter eine vollständige Sammlung der Illustrationen zu Gogols „Toten Seelen“, die es sonst nur in Moskau und den USA gibt.

Familiensitz der Dostoevskijs

Dieser befindet sich in der Region Brest und soll nun mit Mitteln des Unionsstaates restauriert und zu einem kulturellen Anziehungspunkt ausgebaut werden. Das Gebäude ist 1943 im Krieg zerstört worden und danach völlig verfallen. Nun soll dort ein Museum zu Leben und Werk des berühmten Autors entstehen.

 

Künstler und Direktor – Vladimir Prokopcov

Foto: http://goals.by/other?escape=false&page=15

Eine weithin bekannte Persönlichkeit ist der Direktor des Nationalen Kunstmuseums, Vladimir Prokopcov. In der Zeit nach seiner Amtsübernahme als Leiter des Museums 1998 hat das Museum einen Erweiterungsbau erhalten und zahlreiche Ausstellungen realisiert. Für die Zukunft ist ein ganzes Museumsviertel rund um das Kunstmuseum gepant.  Als charismatische Persönlichkeit, häufig im Fernsehen und auf so gut wie allen kulturellen Veranstaltungen der Stadt anzutreffen, gelingt es Prokopcov, das Museum immer wieder ins Gespräch zu bringen. Er ist Professor für Kunstgeschichte, Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften und natürlich Mitglied des Künstlerverbandes. Außerdem ist er Mitglied der Nationalversammlung und damit durchaus eine politische Persönlichkeit.

Neben seiner Leitungsfunktion ist Prokopcov aber auch weiterhin noch als Künstler tätig. Zu seinen Sujets gehören Stillleben, Landschaften und Themenbildern, in denen er nicht selten selber vorkommt und die bisweilen auch in die Sammlung des Nationalen Kunstmuseums übergehen.

 Hier ein Interview mit Prokopcov aus dem Jahre 2009: http://www.pinguin.by/krupnym-planom/234-prokopzov.html

Lewin-Ausstellung in Chatyn eröffnet

Leonid Lewin und seine Tocher Galina Lewina.

Gestern fand in der Gedenkstätte in Chatyn die Eröffnung einer kleinen Ausstellung über das Werk des bekannten Architekten Leonid Lewin statt. Die Ausstellung basiert auf einer Publikation des IBB Minsk über Lewins Gedenkstätten. Die deutsch- und russischsprachige Ausstellung wurde bereits in einigen Städten Deutschlands und an verschiedenen Orten in Belarus gezeigt, u.a. auch in der Geschichtswerkstatt.

Die Ausstellung ist wieder mal ein Beispiel dafür, wie sich das Verständnis von Sonderausstellungen und ihrer Bedeutung für ein Museum oder eine Gedenkstätte in Belarus von dem in Deutschland unterscheidet. Sie werden häufig nur sehr kurz gezeigt, gar nicht oder nur sehr kurzfristig beworben und kaum als besonderes Ereignis im Veranstaltungskalender genutzt. Die Eröffnung findet meist an einem Wochentag vormittags statt, das Programm beschränkt sich auf eine Aneinanderreihung von Grußworten. Die Räumlichkeiten selbst sind häufig für den Zweck umgestaltete Räume der Dauerausstellung, wobei sich die Gestaltung auf die Hängung beschränkt.

So war es auch in diesem Fall, und sieht man von den sicher eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten gerade der Gedenkstätte in Chatyn ab, so war es doch angesichts der Bedeutung von Leonid Lewin fast ein wenig beschämend. Es waren maximal 15 Gäste anwesend, darunter Museumsmitarbeiter, einige Studentinnen und Angehörige der Geschichtswerkstatt. Von offizieller Seite war gerade mal ein Stellvertreter der Bezirksverwaltung gekommen, dessen große Worte weder zu seiner Erscheinung noch zu der realen Unterstützung der Verwaltung für die Gedenkstätte passten. Nur gut, dass Lewin das alles nicht anficht und er, zusammen mit seiner Tochter Galina, unerschütterlich für generationenübergreifende Erinnerung, Verständigung und Versöhnung eintritt.

Direktor des Nationalen Historischen Museums Belarus von seiner Aufgabe entbunden

Leider ist es kein Aprilscherz: Seit der vergangenen Woche ist das Nationale Historische Museum ohne Direktor. Der Vertrag von Sergej Vladimirovich Vecher, der am 23.3. turnusmäßig hätte verlängert werden sollte, wurde seitens des Kulturministeriums beendet. Eine offizielle Presseerklärung gibt es bisher nicht, auf der Website des Museums ist sein Name allerdings entfernt worden.

Vecher, vor seinem Amtsantritt im Historischen Museum vor sieben Jahren Leiter des Janka-Kupala-Museums, hat das Museum mit der ihm eigenen Energie geführt, zahlreiche Ausstellungen realisiert und einen ausländischen Sponsor an das Museum gebunden. Es lässt sich nur vermuten, dass seine Eigenständigkeit letztlich der Grund für seine Entlassung sein wird. Ob und inwiefern Differenzen mit dem Kulturministerium über das kurz vor der Eröffnung stehende „Museum der belarussischen Staatlichkeit“ eine Rolle spielen, ist nicht bekannt. Als Direktor des Historischen Museums war er zuständig für die Konzeption und Realisierung dieses auf die Person des Präsidenten zugeschnittenen Museums. Viele Museumskollegen äußern sich intern immer wieder kritisch zu diesem Vorhaben.

Er kämpfte aktiv für ein neues Gebäude für das Nationale Historische Museum und engagierte sich für eine Neukonzeption gerade auch im Hinblick auf die ausländischen Gäste und Touristen hin, die im Rahmen der Eishockey-Weltmeisterschaft im Jahre 2014 zu erwarten sind.

Bis auf weiteres übernimmt nun seine Stellvertreterin die Leitungsfunktion, weitere Mitarbeiter aber haben bereits angekündigt, das Museum in dieser Situation verlassen zu wollen. Ein Nachfolger ist bisher nicht benannt. Vecher wurde die Stelle eines stellvertretenden Direktors in einem anderen Museum angeboten.

Historikerstreit in der Geschichtswerkstatt

Anlässlich der Vorstellung des neuen Buches des Leiters der Geschichtswerkstatt, Kuzma Kozak, kam es zu heftigen Debatten unter den fünf Historikern, die in Belarus/Weißrussland für eine mehr oder weniger kritische, an internationalen Standards orientierte Forschung zum Zweiten Weltkrieg stehen. Anlass war die Publikation des Buches „Deutsche und Kollaborateurverluste auf dem Territorium von Belarus während des Großen Vaterländischen Kriegs 1941-1944: Analyse und Ergebnisse“. Zu den Diskutanten gehörten neben dem Autor selbst (Professor an der Historischen Fakultät der Staatlichen Universität), Aleksej Litvin (Leiter der Sektion für Militärgeschichte in Belarus an der Akademie der Wissenschaften), Anatolij Šarkov, Professor an der Akademie des Innenministeriums), Emanuil Joffe (Politologe, Soziologe und Historiker an der Staatlichen Pädagogischen Universität) und Sergej Novikov (Lehrstuhlleiter für Heimatgeschichte und Weltkultur an der Staatlichen Linguistischen Universität).

Das Buch thematisiert erstmals die Verluste der Besatzer und derer, die mit ihnen zusammengearbeitet haben – ein noch immer ungeliebtes Thema in Belarus und schon deshalb ein mutiges Unterfangen. Für seine Recherchen hat Kozak, in Belarus nicht selbstverständlich, deutsche Archivquellen aus dem Bundes- und dem Bundesmilitärarchiv eingesehen sowie russisch- und deutschsprachige Sekundärliteratur. Ohne Zweifel ist die Arbeit damit ein wichtiger Beitrag zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges in Belarus und ein Anstoß zu weiteren Diskussionen, auch wenn es hinsichtlich der Methode und Analyse der Zahlen sicher noch einige offene Fragen gibt.

Genau diese waren bereits bei der Präsentation des Buches Anlass zu heftigen Debatten unter den Historikerkollegen. An zwei Fragen machte sich die durchaus kontroverse Auseinandersetzung fest: Wie sind die verschiedenen, bis heute nicht immer nachvollziehbaren Angaben zu den Opfern auf beiden Seiten zu bewerten und wie kann man zu einer wissenschaftlich begründeten These kommen? Und: Was bedeutet „Kollaboration“, wer hat sich schuldig gemacht, wer nur um sein Leben gekämpft?

Alle der genannten Historiker beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit diesen und anderen Fragen zur Geschichte von Besatzung, Krieg und Erinnerung in Belarus. Dabei reicht das Spektrum von einer von der offiziellen Lesart geprägten Position in der Akademie der Wissenschaften über eine offene, auf Zeitzeugenberichten und Oral History basierenden Forschung in der Geschichtswerkstatt und die immer wieder ungeliebte Themen aufgreifende Publikationstätigkeit Joffes bis hin zu einer maximal quellengestützten und vernetzten Forschung bei Novikov. Für mich war es eine zugleich vertraute und in Belarus doch so seltene Erfahrung einer lebhaften, an Fachfragen orientierten offenen und freien Diskussion.

Preis für „geistige Wiedergeburt“ auch im Kulturbereich vergeben

Foto: http://zapadrus.su/ruszizn/sobrz/544--l-r-l-r.html

Und da ist er schon wieder – Vjacheslav Bondarenko. Derzeit begegnet er mir wirklich überall. Dieses Mal gehört er zu den Trägern des diesjährigen Preises für „geistige Wiedergeburt“. Zusammen mit weiteren Kollegen vom Fernsehen wurde er für die Dokumentarfilmreihe „Heldenstädte“ ausgezeichnet.
Aus dem Kulturbereich erhielt ferner eine Gruppe von Mosaikkünstlern. Von ihnen stammt das Mosaik in der Kapelle auf dem ehemaligen Friedhof für Soldaten des Ersten Weltkrieges, der zu einer Gedenkanlage umgestaltet wurde.
Neben den Kulturschaffenden sind hauptsächlich Personen aus dem Sozial- und Kirchenbereich ausgezeichnet worden, darunter Ärzte einer Kinderklinik in Gomel und der Erzbischof von Nowogrudok und Lida Guri. Aber auch eine kinderreiche Familie wurde geehrt, die im Laufe von 20 Jahren 11 Waisen großgezogen hat. Derzeit erziehen sie weitere fünf Kinder.

Schillernd

Foto: http://www.newsvm.com/news/17/61255/. Bondarenko in einer Filmrolle als Offizier der Russischen Armee – ganz er selbst.

Man hört und sieht ja oft nur, was man weiß, heißt es doch immer. So ging es mir in letzter Zeit mit Vjacheslav Bondarenko (* 1974). Zugegeben hatte ich bis vor einem Monat noch nichts von ihm gehört und nun begegnet er mir gerade auf Schritt und Tritt. Und wie bei so vielen Erfahrungen in diesem Land, werde ich auch aus dieser bisher noch nicht schlau.

Kennengelernt habe ich Bondarenko in einer Konferenzpause am 11.11.2011 nach der Gedächtnisfeier anlässlich des Jahrestages des Endes des Ersten Weltkrieges. Hier trat er in seiner Funktion als Moderator der Talkshow „Otkrytyj format“ auf ONT auf, die sich an diesem Tag eben der Erinnerung an den Weltkrieg widmen sollte. Erst später habe ich erfahren, dass er selber bereits einige Bücher, Artikel und Drehbücher zum Thema veröffentlich hat, zuletzt 2010, und soweit ich das bisher beurteilen kann, überhaupt einer der wenigen ist, die sich mit dem Ersten Weltkrieg in Belarus beschäftigt haben. Überhaupt ist das Interesse an Militärgeschichte ein Kennzeichen seiner Arbeit in den letzten Jahren. So bestreitet er beispielsweise eine eigene Rubrik in der staatstreuen Zeitung „Belarussischen Militärzeitung“.

Eine Suche in Internet öffnet ungeahnt viele Seiten über ein erstaunlich breites Betätigungsfeld Bondarenkos. So ist er z.B. der Autor der Romanvorlage der in Russland und hierzulande beliebten Fernsehserie „Likvidacija“, von der mir – Zufall?- Tage zuvor meine Friseure (!) und meine Russisch-Lehrerin unabhängig voneinander vorgeschwärmt haben. Und nicht nur das, Bondarenko ist als Schriftsteller natürlich Mitglied belarussischen Schriftstellerverbandes, aber darüber hinaus auch Träger einiger Preise für sein Werk, darunter der „Allrussischen Auszeichnung für Literatur L. Tolstoj“ (2005).

Zu seinem Oeuvre gehören neben weiteren Romanen mit häufig historischem Sujet musikalische Beiträge als Sänger und Komponist, als Drehbuchautor und Schauspieler, als Journalist für Radio und Fernsehen sowie Gedichte. Auf mich wirkt dieses breite Portfolio weniger beliebig als sympathisch – offenbar bewegt sich Bondarenko zugleich suchend und anregend auf verschiedenen Bühnen zwischen Kultur, Geschichte und Kommerz.

Erst kürzlich hatte ich wieder das Vergnügen einer Begegnung, als Bondarenko mich einlud, ein Statement in seiner Talkshow anlässlich des 20. Jahrestages des Zerfalls der UdSSR zu äußern. Hier habe ich ihn, wie schon beim ersten Mal, als souveränen, wenngleich auch nicht polarisierenden Moderator erlebt, der durchaus um eine offene Diskussion bemüht ist. Dass die Sendung nicht live ausgestrahlt wird, ist keine Ausnahme in Belarus. Wie groß sein Spielraum aber wirklich ist, wird sich mit der Zeit erweisen, ist er doch bei „Otkrytyj format“ der Nachfolger des populären Sergej Dorofeev, der nach der Sendung zum 19.12.2010 nach einer falschen Frage an die Leiterin der Wahlkommission seinen Hut nehmen musste. Aber irgendwie habe ich in meinen Gesprächen mit Bondarenko den Eindruck gewonnen, dass er diese, wie auch seine vielen anderen Rollen, mit einer gewissen Distanz zu sich, seinen Themen und wohl auch seinen Auftraggebern ausfüllt, und wenn nicht dieses, dann eben ein anderes Projekt um seiner selbst willen realisiert.

Nochmal zum Ersten Weltkrieg

Dass der Erste Weltkrieg zunehmend das Interesse von Forschung, öffentlicher Erinnerung und Gesellschaft weckt, ist bekannt. Speziell für Belarus hat der Autor Vjacheslav Bondarenko dieses Interesse aufgenommen und im letzten Jahr ein Buch über „Die verlorenen Siege des Russischen Imperiums“ auf dem Gebiet des heutigen Belarus veröffentlicht. Darin beschreibt er in zwölf Kapiteln die militärischen Operationen an der russischen Westfront zwischen 1915 und 1917, geht auf die (erstmals) eingesetzten Waffen ein, liefert eine Auflistung der beteiligten Truppenteile und stellt die Aktivitäten der Flottenbrigade vor.

Eine wissenschaftlich militärhistorische, geschweige denn militärische Monographie ist das Buch allerdings nicht. Vielmehr schreibt Bondarenko als Journalist, motiviert durch sein persönliches Interesse an diesem Abschnitt der Geschichte: Einige seiner Vorfahren haben den Krieg in verschiedenen Rängen und Funktionen erlebt, er listet sie mit kurzen biographischen Daten im Schlusswort auf. Auch kommen sie an verschiedenen Stellen des Buches vor, niemals jedoch in aufdringlicher Weise. Überhaupt liest sich das Buch flott und fast spannend, was möglicherweise den Autor einer Rezension im Internet dazu verleitet hat, es als Roman zu bezeichnen. Zur guten Lesbarkeit trägt auch das Kapitel über die „Heimatfront“ und den Einsatz der Frauen in den Kriegsjahren bei.

Mit Recht weist Bondarenko im Vorwort darauf hin, dass der Krieg über Jahrzehnte aus dem kollektiven Gedächtnis der Region verdrängt wurde, da die Soldaten nicht für die „richtige Sache“ gekämpft hätten. Dabei hat der Krieg tiefe Spuren auch im heutigen Belarus hinterlassen. Nach Angaben des Autors wurden von insgesamt 7 Mio Belarussen 700.000 bis 920.000 Männer eingezogen, 1,5 Mio wurden zu Flüchtlingen gemacht, 3,5 Mio kamen unter deutsche Besatzung. Eine wissenschaftliche Überprüfung der Zahlen ist schwierig, da die Gebiete des heutigen Belarus Teil des Russischen Reiches waren und keine isolierten Daten vorliegen. Es ist jedoch wahrscheinlich von niedrigeren Schätzungen auszugehen (vgl. dazu die Artikel von Sachar Schybeka und Mikola Iwanou im Handbuch der Geschichte Weißrusslands, Göttingen 2001). Leider verzichtet der Autor ganz auf Anmerkungen und auch die Literaturliste (mit durchaus neueren Veröffentlichungen) beinhaltet nur russisch- und belarussischsprachige Literatur, wobei nicht zwischen Quellen, Memoiren, Sekundärliteratur und Belletristik unterschieden wird. Ein Hinweis auf das „Russische militärhistorische Archiv“ (fälschlich mit RGALI (Russischen Staatliches Archiv für Literatur und Kunst) verweist auf Quellennutzung, ohne diese näher zu beschreiben.

Dafür unterscheidet Bondarenko konsequent zwischen „Belarussija“ für die topographische Bezeichnung während der Kriegsjahre und „Belarus“ für die heutige Republik. Innerhalb ihrer Grenzen lag das Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshaber der Armee Nikolaus II. (in Mogilev), wurde der spätere Vertrag von Brest-Litowsk unterzeichnet, mit dem Russland aus dem Krieg ausschied und die Abdankungsurkunde des Zaren unterschrieben. Auch wurde das erste Denkmal für die Soldaten des Ersten Weltkrieges 1915 in Baranovichi errichtet.

Zwar geht es Bondarenko nicht um eine Nationalisierung des Krieges, zweifelsohne jedoch um einen Beitrag zur Aufarbeitung eines historischen Abschnitts, der in der nationalen Selbstdefinition der Belarussen eine zunehmend starke Rolle spielt. Umso bedauerlicher ist es, dass es kein Kapitel zur Bedeutung und Erinnerung an den Krieg im heutigen Belarus gibt. Gerade dies wäre aus der Feder des erfolgreichen und populären Journalisten und Publizisten sicher anregend gewesen.

Illustriert wird das Buch durch zahlreiche, in mittelmäßiger Qualität abgedruckte Fotos, die teilweise mit Orts- und Zeitangabe versehen sind, oft jedoch ohne Erläuterung bleiben. Auch hier fehlen Quellenangaben, sieht man von dem Hinweis ab, viele der Fotos stammten aus dem Archiv des Autors.

Insgesamt ist das Buch meiner Ansicht nach ein wichtiger, wenn auch nicht erschöpfender Beitrag zur Geschichte heutiger weißrussischer Gebiete im Ersten Weltkrieg, das viele Anknüpfungspunkte sowohl für die aktuelle Diskussion über die kollektive Erinnerung als auch für weitere Forschung bietet.

Zum Thema vgl. auch: „Ereignisse und Folgen des Ersten und Zweiten Weltkrieges in Weißrussland. Recherchen im Zusammenhang mit den Workcamps der Jahre 2000 – 2005 am Narotschsee und in Stari Lepel. Wege der Versöhnung mit der humanitären Hilfsorganisation Heim-statt Tschernobyl e.V.“ mit Zeitzeugeninterviews und Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg auf dem Gebiet des heutigen Belarus.

http://www.ruessmeyer.de/admin/veranstaltungen/data/05122006183439_pdf.pdf

„Wer ihm als Deutscher gegenübertritt, wird von seiner großherzigen Bereitschaft zur Versöhnung dankbar berührt“

So schreibt Dr. Christof Weil, der deutsche Botschafter, über Leonid Mendeleevič Levin und beschreibt damit, wie ich finde, dessen Persönlichkeit sehr treffend. Lewin ist ein in Belarus und über die Landesgrenzen hinaus bekannter Architekt und eine Schlüsselfigur für die Versöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Belarussen. In diesem Jahr ist er 75 Jahre alt geworden – Anlass zur Publikation einer zweisprachigen Fotobroschüre (Leonid Lewin Architekt. Erlebtes erleben, hg. bzw. finanziert von der Deutschen Botschaft und dem IBB Dortmund und Minsk , Minsk 2011), aus der das oben genannte Zitat stammt. Sie stellt die von ihm (und weiteren Architekten) gestalteten Gedenkstätten in Belarus, der Ukraine, Polen und anderen Ländern vor und ehrt ihn als Leninpreisträger, mehrfach mit staatlichen Preisen Belarus’ Ausgezeichneten sowie Träger des Bundesverdienstkreuzes. Ebenfalls aus Anlass seines Geburtstages wurde am 20. September eine Ausstellung in der Geschichtswerkstatt eröffnet.

Leodnid Lewin und Galina Lewina im Juli 2011 in der Geschichtswerkstatt

Sein wohl bekanntestes Werk ist die Gedenkstätte in Chatyn (1969 eröffnet). Lewin ist noch immer aktiv und realisiert weiterhin Projekte, u.a. mit seiner Tochter Galina Lewina, ebenfalls Architektin. Seit 1991 ist er Vorsitzender des Verbandes der jüdischen Gemeinden und Organisationen in Belarus.

Ausführlich zu seinem Werk: http://www.ibb-d.de/fileadmin/user_upload/pdf/Studientag-Vortrag_Sahm.pdf

Adam Iosofovich Maldis

Es gibt sie noch, die Intellektuellen, die für mich  – als Ausländerin und zudem aus dem Westen –  den Typ der sowjetischen Intelligencija verkörpern und mich immer wieder in ihren Bann ziehen. Einer von ihnen ist Adam Iosofovich Maldis. 1932 in einem damals zu Polen, heute zu Belarus gehörenden Dorf geboren, ist ein in Fachkreisen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter, mehrfach ausgezeichneter Literatur- und Kulturwissenschaftler, Journalist und Kritiker sowie Autor von zahlreichen Büchern und seit 1989 Mitglied des Belarussischen PEN-Zentrums.

Zusammen mit einer jungen Kollegin aus der Geschichtswerkstatt hatte ich kürzlich Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Er empfing uns in einem Büro, wie es  – ich muss es sagen – sowjetischer nicht hätte sein können. Versteckt im Gebäude einer Zeitungsredaktion gelegen, war es offenbar überhaupt in mitten des Renovierungschaos nur zugänglich, weil er die Handwerker außer mit seiner Autorität mit dem Argument zum Aufräumen gezwungen hatte, dass „Besuch aus Deutschland“ käme. Der winzige Raum, den man sodann betritt, ist Entschädigung genug. Er atmet durch und durch Wissenschaft und Gelehrsamkeit: Dunkle, groß gemusterte Tapeten, schwere Möbel, große Bücher- und Zeitungsstapel und reihenweise (sowjetische) Papki. Die überall herabhängenden Elektrokabel und offenen Kabelkanäle bemerkt der Besucher gar nicht erst ob der Stimmung im Raum. Dazu trägt nicht unerheblich die ältere Dame bei, die ungerührt zwischen Papierbergen an einem der beiden Schreibtische sitzt und in großer Gelassenheit Zeitungen auf wichtige Artikel durchsieht, diese ausschneidet und zu Stapeln ordnet. Undenkbar, ihr Aufgaben einer „Sekretärin“ zuordnen zu wollen, etwa Tee zu kochen oder sich sonst wie um den Besuch zu kümmern. Vielmehr ist sie seit Jahren die rechte Hand und gute Seele der Forschungsprojekte des Herrn Professor.

Dieser geht sofort in medias res, erzählt uns von seinen noch immer zahlreichen Ämtern und Ehrenämter, zu denen auch der Vorsitz der Kommission zur Rückführung von Kulturgütern gehört. Dies war für mich der Anlass gewesen, den Kontakt zu ihm zu suchen. Seit 1987 Vorsitzender der gesellschaftlichen Kommission „Vjartanie“ (Rückführung) der Belarussischen Kulturstiftung , beschäftigte er sich seitdem immer wieder mit den Kulturgüterverlusten Weißrusslands und vertrat sein Land 1995 auf der Konferenz „Spoils of War“ in New York.

Der zweite Schwerpunkt seiner Forschungen ist die Literaturwissenschaft, noch immer ist er Ehrenvorsitzender der Internationalen Vereinigung der Belarussisten, deren Mitglieder er natürlich alle persönlich kennt. Noch immer schreibt er für verschiedene Zeitungen, darunter für die Sovetskaja Belarus.

Ihn politisch einordnen zu wollen, wäre nicht nur unangemessen, es wäre schlicht sinnlos. Universal gebildet, eigenwillig und unangepasst vertritt er seine Position, sachlich, fundiert, gelassen. Doch selbst eine solch humanistische Haltung ist offenbar mitunter gefährlich, wurde Maldis doch 2002 von Unbekannten attackiert und bewusstlos geschlagen. Sein Engagement hat er seitdem nicht aufgegeben, im Gegenteil, man ist versucht, noch viele weitere Bücher, Artikel und Interviews von ihm zu erwarten, die neben einem wissenschaftlichen Beitrag immer auch ein Denkanstoß sind.

Nadezhda Trojan gestorben

Am 7. September verstarb eine der drei Partisaninnen, die am 23.9.1943 das tödliche Attentat auf Wilhelm Kube, den Generalkommissar für den Generalbezirk Weißruthenien, in Minsk verübt hatten. Die Meldung des Todes der in der BSSR geborenen und mehrfach mit hohen Orden der Sowjetunion ausgezeichneten Trojan in Moskau im Alter von 90er Jahren wurde hier in Minsk und Belarus von vielen Medien aufgegriffen.

Trojan war während des Krieges in mehreren Partisanenbrigaden auf dem Gebiet der BSSR aktiv und arbeitete als Krankenschwester und Agentin. Zu ihren spektakulärsten Erfolgen im Kampf gegen die Besatzer gehörte das Attentat auf Kube. Dieser war am 23.9.1943 durch eine Bombe zu Tode gekommen, die unter seinem Bett versteckt worden war. Weitere Beteiligte waren Elena Mazanik und Marija Osipova, die ebenso wie Trojan mit dem höchsten Orden der UdSSR, „Held der Sowjetunion“, ausgezeichnet worden waren.

Nach dem Krieg wurde Trojan Ärztin, Dozentin an verschiedenen Universitäten und Vizepräsidentin des Internationalen Roten Kreuzes. Sie war aktiv im Verband der Veteranen und anderen gesellschaftlichen Organisationen engagiert.

Die Geschichte des Attentats auf Kube wird in einer gesonderten Ausstellungseinheit im „Museum des Großen Vaterländischen Krieges“ behandelt (siehe Foto). Hier stehen weniger Trojan als Osipova und Mazanik im Vordergrund. Ausgestellt ist u.a. ein an letztere gerichteter Brief der Ehefrau Kubes, Anita Kube, vom 23.9.1992, dem Jahrestag des Attentats.

Kriegserinnerung

Foto: http://gwminsk.com/public/page_photos/vis52.JPG

In der letzten Woche haben wir uns zu einem, wie ich finde, ebenso außergewöhnlichen wie persönlichen Gespräch in der Geschichtswerkstatt getroffen. Über Sprach- und Generationsgrenzen hinweg hatten wir die Gelegenheit zu einem Austausch mit dem bekannten, jüngst 75 gewordenen und mehrfach ausgezeichneten Architekten Leonid Lewin und seiner Tochter Galina Lewina, ebenfalls Architektin. In den Räumen der Geschichtswerkstatt, in der gerade eine Ausstellung ihrer Zeichnungen gezeigt wird, las sie aus ihren Gedichten. Diese sind auf russisch, deutsch und englisch erschienen und geben Einblicke in ihre Reisen der letzten Jahre.

Reisen, real, mental und emotional, war auch eines unserer Themen –  neben der Erinnerung an den Krieg und seine Folgen. Dabei ging es sowohl um Formen gesellschaftlicher Erinnerung, in Belarus entscheidend geprägt durch die von Lewin mit gestaltete Gedenkstätte in Chatyn, als auch um die wissenschaftliche Aufarbeitung, z.B. durch die Forschung von Natalja Kirillova (der ehemaligen Direktorin der Gedenkstätte in Chatyn) und Vjacheslav Selemenev (dem ehemaligen Direktor des Nationalarchivs Belarus) zu den verbrannten Dörfern, und das individuelle Gedenken in den Familien.

Die Kunstgalerie „L. Schtschemelew“

Ein Blick in die Dauerausstellung.

Etwas abseits der touristischen Route befindet sich eine Ausstellung mit Werken des belarussischen Malers Leonid Schtschemelew (*1923). Zu seinem 80. Geburtstag spendete er 2003 der Stadt einen Teil seiner Werke. Die Stadt eröffnete daraufhin die erste städtische Galerie in Minsk.

Neben der Dauerausstellung, die einen größeren Saal umfasst, veranstaltet die Galerie regelmäßig Sonderausstellungen zeitgenössischer Künstler und kulturelle Veranstaltungen. Werke von Schtschemelew befinden sich auch in der Tretjakov-Galerie in Moskau, im Nationalen Kunstmuseum sowie verschiedenen Privatsammlungen. Leiterin der Galerie ist die eine der wenigen Kunstkritikerinnen in Belarus, Tatjana Bembel, die Enkelin des Bildhauers Andrej Bembel.

Biographische Informationen und einige Abbildungen seiner Werke auf der Website des Museums für zeitgenössische Kunst in Jersey City, New Jersey http://www.museum-rus.org/biography.htm?UrlRid=551
sowie unter http://minsk.gov.by/ru/org/3204/

Ein Museum für Valentin Vankovič

Etwas zurückgesetzt an einer Straße mitten im Zentrum hinter dem Kulturpalast liegt das Memorialmuseum für Valentin Vankovič. Dieser Museumstyp war schon zu Sowjetzeiten sehr verbreitet und findet sich heute noch häufig in Russland, Belarus und der Ukraine. Gemeint ist ein, meist kleines Museum oder einige Räumlichkeiten in einem Gebäude, die biographisch mit einem Künstler, Literaten oder Musiker verbunden sind und eher Andenken und Verehrung, als Dokumentation und wissenschaftlicher Aufarbeitung gewidmet sind. Ihren ganz besonderen Reiz beziehen diese Museen für mich daraus, dass meist mehrere ältere Damen ein strenges Regime führen, auf das Wohlverhalten in den Ausstellungsräumen achten und den wenigen Besuchern persönlich Anekdoten aus dem Leben des Künstlers und rund um die als Ikonen erehrten Objekte erzählen.

So ist es auch im Falle des Museums für diesen, wie ich im Museum erfahre, berühmten Vertreter der weißrussischen Romantik. Vankovič lebte von 1800-1842, verbrachte aber nur wenige Jahre in seiner Heimat, in Minsk. In diesen Jahren befand sich eine seiner Werkstätten in diesem Haus seines Cousins. Die ersten beiden Säle zeigen Dokumente und Gemälde zu Leben und Werk des Malers, dessen Portraits von u.a. von A. Puschkin P. Vjazemskij und A. Mickewicz in Museen in Polen, Litauen, Frankreich, Italien und Russland hängen. Dagegen findet sich kein einziges Original in Belarus, wo er indes als nationaler Künstler reklamiert wird. Aus polnischer Perspektive freilich ist das ebenso.

Die folgenden drei Säle zeigen (meist Kopien) von Portraits bekannter und weniger bekannter Zeitgenossen, kombiniert mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus der Zeit Ende des 18./ Anfang 19. Jahrhunderts. Hier vermittelt sich die Atmosphäre eines städtisch-adeligen Lebens in Minsk zu dieser Zeit.  Passend zu diesem Rahmen veranstaltet das Museum regelmäßig Konzerte auf dem hauseigenen Flügel, Lesungen und andere kulturelle Veranstaltungen.

Das Museum befindet sich in der Internationalnaja Straße 33a und ist eine Filiale des Nationalen Kunstmuseums, wo man auch weitere Informationen erhält.

Nationalbibliothek

Das Gebäude der Nationalbibliothek, abends mit Beleuchtung.

Als international tätiger Wissenschaftler kommt man ja viel rum und forscht sich dabei auch durch so manche Bibliothek. Ich gebe zu, dass ich jedes Mal, zumal im Ausland, immer wieder Respekt davor habe: Wie funktioniert die Anmeldung? In welchen Katalogen ist welche Literatur zu finden? Wo kann ich kopieren? Und last but not least: Wie sind die Facilities des Hauses, wenn ich schon Stunden, Tage oder Wochen darin verbringe?

Diesen Test musste nun auch die Nationalbibliothek der Republik Belarus bestehen – und hat das eindrucksvoll getan. Natürlich war auch hier wieder meine russische Erfahrung der Maßstab meiner Erwartungen. Und wieder hat sich mein Eindruck bestätigt, dass die Dinge des Alltags in Belarus schlicht unkomplizierter sind als in Russland. Nach Zahlung von 7.000 Rubel (= weniger als 2 €) hatte ich einen Benutzerausweis und dank meines Doktortitels wurde ich dem Lesesaal der Wissenschaftlichen Mitarbeiter zugeteilt. Während bei uns jeder innerhalb der Bibliothek arbeitet, wo er möchte, so erfolgt in Belarus eine Zuordnung zu einem bestimmten Lesesaal. Dort erhält man seine bestellte Literatur, kann kopieren und ins Internet (1 Stunde frei für alle Nutzer).

Ein nicht gerade kleiner Wermutstropfen ist allerdings der wissenschaftliche Bestand: Derzeit umfasst dieser laut Website 8,9 Millionen Einheiten und kann über einen zentralen Katalog, verschiedene Datenbanken und auch online recherchiert werden. An eine ausreichende aktuelle Verfügbarkeit internationaler Literatur ist dabei aber leider nicht zu denken. Zwar gibt es vereinzelte Bestände, die man nicht unbedingt in der Bibliothek vermutet (ich habe das für konkrete Themen der deutsch-sowjetischen Geschichte und für Museumswissenschaften ausprobiert). Aber westlichen wissenschaftlichen Standards hält die Bibliothek nicht stand.

Daran ändert auch ihr 2006 fertig gestellter spektakulärer Bau nichts, der die Skyline von Minsk belebt und abends passend zur Jahreszeit oder Feiertagen beleuchtet wird. Er gehört zu den 50 originellsten Bauten der Welt. Dem eindrucksvollen Äußeren entspricht durchaus die Inneneinrichtung, von der so manche Bibliothek nur träumen kann. Die Lesesäle sind neu und komfortabel eingerichtet, es gibt ausreichend Computer für die Recherchen, wie gesagt, einige davon mit Internetanschluss. Kopien können unproblematisch bestellt werden, Cafés, eine Kantine und Ruhebereiche laden zu kreativen Pausen ein. Kein Wunder, dass der Präsident die Bibliothek zum Vorzeigeobjekt anlässlich staatlicher Veranstaltungen erhoben hat.

Weitere Eindrücke der Bibliothek aus Nutzerperspektive:

http://www.bibliothek2null.de/2010/10/25/ein-besuch-in-weisrussland/

Ein Museum für Michail Stepanovich Vysockij

Michail S. Vysockij 2011

Unweit von Kopyl, südlich von Minsk, in dem Dorf Semezhava (Semezhevo) befindet sich seit 2008 ein kleines Museum für den weißrussischen „Hauptkonstrukteur des Automobilbaus“ Prof. Dr. Michail Vysockij. Dies ist ein in mehrfacher Hinsicht besonderes Museum: Zum einen erfreut sich der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete, bald 83 jährige Ingenieur durchaus noch bester Gesundheit und ist damit sicher einer der wenigen Persönlichkeiten, denen bereits zu Lebzeiten ein Museum gewidmet wird. Darüber hinaus befindet sich das Museum in seinem Geburtshaus, in dem seine Eltern bis zu ihrem Tod gelebt haben. Die Einrichtung in einem der beiden Räume mit Ofen, Tisch und Ikonenecke gibt einen Eindruck von den Lebensbedingungen, in denen Vysockij aufgewachsen ist.

Uns hat er bei unserem Besuch am Abend des Umzugs der Kalyady-Zaren durch das Dorf persönlich begleitet und lebhaft von seinen Erlebnissen und Erfindungen berichtet. Die Ausstellung, formal dem Stadtmuseum Kopyl unterstellt, spiegelt sein bewegtes Leben mit Fotos, Dokumenten, Automodellen und persönlichen Gegenständen wider: Als 18jähriger kam er aus Semezhava in die Autofabrik von Minsk, wo seine Karriere begann. Unter seiner Leitung wurde zum Beispiel die Modulkonstruktion des Autozugs MAZ-2000 „Perestroika“ entwickelt, eine der Attraktionen auf dem Pariser Autosalon 1988.

Blick in einen der beiden Ausstellungsräume

Wer’s genauer wissen will, findet Informationen auf der Seite der Minsker Autofabrik: http://www.maz.by/ und der Seite der Akademie der Wissenschaften: http://nasb.gov.by/rus/members/academicians/vysotskii.php

Museum des Buches in Minsk

Vor der Bibliothek steht eine riesige Skulptur zu Ehren von Franziskus Skarina.

Sehenswert unter den Museen der Stadt ist das „Museum des Buches“ in der Staatlichen Nationalbibliothek. Neben den Museen in Polock und Gomel ist es das jüngste der drei Buchmuseen in Belarus. Mit dem neuen Bibliotheksgebäude 2006 eröffnet, präsentiert es ausgewählte Bestände der Bibliothek sowie kleine, wechselnde Ausstellungen. Einen Eindruck bieten die 3-D-Ansicht sowie Fotos von Exponaten auf der Website der Bibliothek (über den Link „Uslugi“). Die konservatorische Ausstattung ist von hohem Niveau, so dass auch empfindliche Handschriften und Drucke gezeigt werden können, darunter eine Togarolle weißrussischer Juden aus dem 19. Jh., eine Ausgabe der „Göttlichen Komödie“ (1481), eine weitere von Martin Luther (1523) sowie verschiedene Werke des ersten Buchdruckers in Belarus, Franziskus Skarina. Dieser druckte 1517, nur wenige Jahre nach Gutenberg, die erste Bibel in einer ostslawischen Sprache (altruthenisch).