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Neues (geheimes) Museum in Minsk

Foto: http://ctv.by/node/470538

Ein ganz besonderes Museum wurde kürzlich in Minsk gegründet – nicht: eröffnet. Besonders ist es deshalb, weil es bisher keiner kennt und sich wohl auch in Zukunft kaum die Möglichkeit ergeben wird, die Ausstellung zu besuchen. Es handelt sich um das viel berüchtigte und zuvor oft angekündigte „Museum der belarussischen Staatlichkeit“.

Es befindet sich in einem Teil des Präsidentenpalastes, in dem sich auch die Bibliothek befindet, und der für die Ausstellung von Grund auf saniert wurde. Das Museum ist nur von dort und auf Einladung durch den Präsidenten persönlich zugänglich. Damit ist auch schon der Sinn und Zweck benannt: Es geht, so darf man getrost vermuten, um eine Darstellung der Heldentaten von Alexander Lukaschenko.

Offiziell widmet sich das Museum der Geschichte des Landes seit der Amtsübernahme Lukaschenkos 1994 und dem Prozess der nationalen Identitätsfindung in dieser Periode. Ein ähnliches Museum gebe es in Europa nicht, sagte der Präsident stolz, womit er ohne Zweifel recht hat. Im ersten Saal sind staatliche Dokumente, Exponate zur Staatssicherheit und dem Geldsystem zu sehen. Saal zwei ist der Wissenschaft und Wirtschaft gewidmet, Saal drei der Medizin, Bildung, dem Sport und der Kultur, Saal vier der Ethnographie und den internationalen Beziehungen sowie die Geschenke, die der Präsident in seiner Amtszeit erhalten hat.

Die Ausstellung wurde durch Mitarbeiter des Staatlichen Historischen Museums zusammengestellt. Bis heute hält sich das Gerücht, dass der damalige Direktor, Sergej Vecher, seinen Hut nehmen musste, weil er dem Unternehmen kritisch gegenüberstand. Von ihm war zu erfahren, dass das Museum über den allerneuesten Stand der Technik, bester Vitrinen und Medien, vieles davon aus Deutschland, verfügt. Damit ist es das wohl am besten ausgestattete Museum in Belarus. Nur schade, dass es niemand besuchen darf, der nicht persönlich eingeladen wird.

Die erste Führung hat dann auch der Präsident selbst übernommen. Der eigentlich für die Führung vorgesehene Museumsführer zeigte sich entsprechend beeindruckt und gab an, viel Neues durch den Präsidenten erfahren zu haben. Der wiederum versprach wiederzukommen und noch viel mehr zu erzählen…

Chagall in Minsk

Foto: http://blogs.privet.ru/community/paam/125225034

Seit dem 7. Juni ist im Zentrum von Minsk eine Open-Air-Ausstellung mit Reproduktionen von Werken von Marc Chagall zusehen. Anlass ist der 125. Geburtstag des Künstlers, der in diesem Jahr mit verschiedenen Veranstaltungen und Ausstellungen begangen wird.

Die vom Museum für Zeitgenössische Kunst initiierte Ausstellung wird bis zu, 9. September, dem Geburtstag der Stadt Minsk, auf dem Jakub Kolas-Platz zu sehen sein. Sie zeigt 19 Arbeiten des in Vitebsk geborenen Künstlers, die sich heute in Moskau, Petersburg und Vitebsk befinden. Sie alle sind entstanden, bevor Chagall seine Heimat verließ und nach Paris umsiedelte.

Open-Air-Ausstellungen gibt es so gut wie keine in Belarus, es handelt sich also um ein für die Stadt ungewohntes Format. Hinzu kommt, dass die Arbeiten in einem vergrößerten Format gezeigt werden, womit sie dem Platz einen ganz ungewohnten Charakter verleihen.

Im September sollen im Kunstmuseum die vor Kurzem von einer Bank erworbenen Werke von Chagall und Soutine sowie weitere Originalwerke gezeigt werden. Dies gab Kulturminister Latuschko bei der Eröffnung am 7. Juni bekannt. In der Ausstellung sollen auch 92 Werke Chagalls aus Jerusalem gezeigt werden.

Neue Broschüre zu Minsker Museen

Das Minsker Touristenzentrum hat eine neue Museumsbroschüre-2 zu den Museen der Stadt herausgebracht. Jeweils mit Foto, Angaben zu Ort und Öffnungszeiten sowie einer kurzen Inhaltsangabe kann man sich damit schell über 15 Museen informieren. Ein Stadtplan zeigt die Lage der Museen in der Stadt.

Als schier unverzeihliches Versäumnis muss man leider anmerken, dass die Websites der einzelnen Einrichtungen nicht genannt werden!

Eine vergleichbare Broschüre gibt es zu den Theatern der Stadt.

Ausstellung in der Geschichtswerkstatt

Foto: http://ibb.by/ru/news/644

Noch bis zum 22. Juni zeigt die Geschichtswerkstatt die Ausstellung des weißrussischen Künstlers Vladimir Vol’nov „Asche in den Himmel“. Zur Eröffnung sprachen der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden und Organisationen, Leonid Levin, und der Leiter des IBB Minsk, Viktor Balakirev.

Die Arbeiten des Künstlers reflektieren dessen persönliche Verarbeitung des Holocaust in Belarus. Dazu verwendet er persönliche Erinnerungs- und Fundstücke von Opfern der nationalsozialistischen Besatzung und verarbeitet sie in Gemälden, Kollagen und Installationen. Vol’nov hat den Krieg als 4jähriger in Vitebsk überlebt, bevor er in ein Kinderheim in Russland kam. Erst 1961 wurde sein Vater gefunden, und er kehrte in seine Heimat zurück. Dort war ihm 2011 eine Einzelausstellung gewidmet.

Ursprünglich war geplant, eine der großen Installationen „Asche in den Himmel“ im Parkgelände vor der Geschichtswerkstatt aufzustellen. Darauf wurde aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch des wohl unendlichen Genehmigungsverfahrens verzichtet. Sehr zum Vorteil der Geschichtswerkstatt, wie ich finde, die mit dieser Ausstellung eine der leider zu seltenen, für Minsk und Belarus so besonderen Ausstellungen zeigen kann. Noch immer ist die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und den individuellen Erinnerungen an den Krieg in der zeitgenössischen Kunst in Belarus eine Seltenheit. Wo, wenn nicht in der Geschichtswerkstatt, sollte sie gezeigt werden?

Die düsteren, aber sehr wirkungsmächtigen Werke kommen in dem Gebäude, dem letzten erhaltenen Haus im Gebiet des ehemaligen Ghettos, eindrucksvoll zur Geltung. Zuvor war die Ausstellung in Nienburg in Deutschland zu sehen. Arbeiten des Künstlers sind in Deutschland bereits mehrfach ausgestellt worden.

Gehälter an der Staatlichen Universität

Foto: istfak.bsu.ru

Im Februar und April habe ich einen „Speckurs“, also nach deutschem Sprachgebrauch eine „Übung“ an der Historischen Fakultät der Staatlichen Universität abgehalten. Mein Auftraggeber war der Lehrstuhl für Museumswissenschaften und Ethnologie und das Thema meines Kurses das „Ausstellungsmanagement“.

Insgesamt habe ich 49 akademische Stunden (à 40 Minuten) unterrichtet, die nach für mich noch immer undurchschaubaren Berechnungen in Vorlesung, Seminar, Hausaufgaben, Konsultation, Examen und Kontrollarbeiten aufgeteilt waren. Letztlich belief sich der Aufwand auf eine Arbeitszeit, wie sie in Deutschland für ein Seminar im Semester anfällt, die Vorbereitung und Korrekturen der Seminararbeiten freilich ausgeschlossen. In diesem Fall habe ich noch die Kopien für die Studenten hergestellt, was hier deutlich teurer ist als in einem deutschen im Copyshop.

Für all das habe ich ein Honorar in Höhe von 948.000 BY Rubeln bekommen, zum Auszahlungszeitpunkt ca. 94 €. Hätte ich den Rang eines Professors (hier: Doktor der Wissenschaften) (und nicht bloß einen Doktortitel, hier: Kandidat der Wissenschaften), dann hätte ich (unwesentlich) mehr bekommen. Erhalten habe ich das Honorar am 10. April, dem Tag jeden Monats, wo alle Dozenten und Angestellten der Uni ihr Geld bekommen. Man erhält es in bar und muss es sich an der zentralen Kasse der Universität gegen Vorlage des Passes abholen. Das hat aber immerhin einwandfrei geklappt!

Die auch für belarussische Verhältnisse niedrige Bezahlung für die Lehre führt dazu, dass es immer weniger Nachwuchs für die Universitäten gibt. Das wiederum hat zur Folge, dass das Durchschnittsalter der Professoren und Dozenten immer weiter ansteigt, wie der Rektor der Universität kürzlich beklagte. Es liegt zwischen 57 und 65 Jahren! Ein junger Dozent, der noch keinen akademischen Titel trägt, erhält derzeit im Monat 2.600.000 Millionen BY Rubel (ca. 310 $), ein Professor immerhin schon 6.500.000 BY Rubel (ca. 780 $). Die Lehrbelastung bei den Engagements ist dabei deutlich höher als bei uns, von dem niedrigen Organisationsgrad und bürokratischen Aufwand aller Aktivitäten, die nochmals Zeit kosten, ganz zu schweigen.

Nostalgie im Naturkundemuseum

Die Lange Nacht der Museen habe ich genutzt, mir endlich mal das Naturkundemuseum in Minsk anzusehen. Es befindet sich im Keller des Gebäudes, in dem auch das Nationale Historische Museum untergebracht ist – zum Leidwesen beider Museen. Das Historische Museum ist ja schon lange auf der Suche nach einem neuen Gebäude, um das „Staatlichen Museum für Natur und Ökologie der Republik Belarus“, wie es korrekt heißt, steht es noch schlechter. Selbst in kleinen Räumen im Untergeschoss untergebracht, träumen die Mitarbeiter ebenfalls von einem neuen und größeren Gebäude. Und das Historische Museum sieht im Auszug der Kollegen die einzige Chance, sich im derzeitigen Gebäude dauerhaft und mit der nötigen Renovierung erweitern zu können.

Der Eintritt zur Langen Nacht der Museen war frei, wie auch erstmals im Historischen Museum, übrigens im Unterschied zu allen anderen Museen, die sich daran beteiligt haben. Ein besonderes Programm hat das Naturkundemuseum nicht angeboten, aber es war, wie alle anderen Museen auch, mehr als gut besucht. Insbesondere Familien mit Kindern, aber auch viele junge Leute drängten sich vor den Vitrinen, lasen die russisch-belarussischen Beschriftungen und fotografierten sich vor den ausgestopften Tieren.

Nach all den historischen und militärischen Museen habe ich den Besuch sehr genossen! Das Museum ist klein, hat gerade mal acht mäßig große Räume, bietet keinerlei modernen Museumsservice und wirkt mit seiner Vitrinenausstellung mit mineralogischen Funden, Pflanzen und Tierpräparaten ein bisschen verstaubt. Aber es versprüht den Geist des guten, alten Museums, in dem man sich gut benimmt, die Exponate mit gebührendem Respekt betrachtet und in jedem Fall etwas dazulernt. Das habe auch ich getan, nämlich über die Welt der belarussischen Flora und Fauna, die zugleich europäisch vertraut und doch mit Bären, Wölfen, Störchen und Wisenten so einzigartig ist. Und so stand ich – wie früher in meinem Lieblingsmuseum, dem Bonner Museum König – lange vor den immer wieder faszinierenden Panoramabildern, die die lebensgroßen Tiere in ihrer natürlich nachempfundenen Umgebung zeigen und den Besucher in eine andere Welt des Museums und der Natur entführen.

„Nachkriegsfrühling“ – eine gelungene Sonderausstellung im Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges

Derzeit zeigt das Museum des Großen Vaterländischen Krieges die dritte aus einer Reihe von Sonderausstellungen , deren Exponate in der Bevölkerung per Aufruf gesammelt wurden. Dieses Mal sind es Kleider und Accessoires für die Dame in den beiden Jahrzehnten nach dem Krieg. Dabei sind einzigartige Ausstellungsstücke zusammengekommen: handgenähte Kleider und Abendtaschen, Familienschmuck, der den Krieg wie auch immer überstanden hat, frühe Importe, u.a. aus Tschechoslowakei und der DDR, Gummiüberschuhe zur Schonung der einzigen Abendschuhe, Haarschmuck, Fotografien und vieles mehr.

Man kann auch bei dieser Ausstellung wieder vieles bemängeln, was nicht dem internationalen Standard entspricht. Sieht man von Beleuchtung, Präsentation, technischer Ausstellung etc. ab, so bleibt, wie fast immer, zu beklagen, dass es keinerlei Texte gibt. Damit fehlt jede Einordnung in den historischen Kontext, aus dem wir entnehmen könnten, wie es um die weibliche Bevölkerung nach dem Großen Vaterländischen Krieg stand, woher unter den gewaltigen Herausforderungen der Nachkriegszeit die Kleider und Stoffe kamen und wie sich das kulturelle und gesellschaftliche Leben in Friedenzeiten neu entwickelte, zu dessen Veranstaltungen die Kleider getragen wurden.

Man kann sich aber auch einlassen auf das Konzept dieser liebenswerten Ausstellung, in der einem angesichts des im übrigen Museum so bedrückenden Themas das Herz aufgeht. Für fast jedes Exponat findet sich eine kleine persönliche Geschichte darüber, von wem es stammt und unter welchen Umständen es entstanden oder in die Familie gekommen ist. Während man die teilweise einfach nur schönen oder anrührenden Erinnerungsstücke betrachtet, begleitet einen Tanzmusik der frühen 50er Jahre, und an einer Stelle kann man die Düfte der legendären Parfümfabrik „Neue Morgenröte“ ausprobieren oder sich ein einem Fotoabbild eines der Kleider fotografieren lassen.

Auf diese Weise verlässt man das Museum wohl gestimmt und durchaus zufrieden. So geht es übrigens wohl den meisten Besuchern, bei denen die Ausstellung sehr beliebt ist. In den ersten beiden Monaten kamen 3.000, der Journalistin von Narodnaja Volja hat es so gut gefallen, dass sie einen großen Artikel geschrieben hat. Die Ausstellung ist noch bis zum 1. Juni zu sehen.

Lange Nacht der Museen

Heute ist es mal wieder soweit, und das auch noch am Internationalen Museumstag: In Minsk startet die Lange Nacht der Museen mit einem vielfältigen Programm.

Spezialmuseen: Straßenbahnmuseum

Foto: http://www.photobelta.by/ru/photos?rubric_id=43&theme_id=3949&id=16374

Über die Geschichte des Straßenbahnverkehrs informiert ein Museum in einem alten Waggon. Der Wagen ist ein Geschenk aus Leningrad aus dem Jahre 1959. nach 20 Jahren im Einsatz wurde er zum Museum. Zu den Exponaten gehören der erste Arbeitskittel eines Straßenbahnfahrers, Bücher und Fotos.

 

„The uncataloged Museum“ – Ein amerikanischer Museumsblog schaut auf Minsk

Am 13. April ist unsere Seminarreihe zum Ausstellungs- und Museumsmanagement im Goethe-Institut gestartet. Die erste Sitzung hat Katrin Hieke, eine Expertin für Marketing und Tourismus im Museumsbereich bestritten. Sie ist in Bonn bei der Agentur Projekt 2508 tätig. Über ihre Erfahrungen hat sie in einem amerikanischen Museumsblog geschrieben.

 

Neues vom Museumsviertel in Minsk

Foto: http://www.profi-forex.org/news/entry1008115626.html

Eine neuerliche Meldung des Museumsdirektors Vladimir Prokopcov (BelaPan 13.4.2012) kündigt den schon länger geplanten Ausbau des Viertels rundum das Nationale Kunstmuseum für 2017 an. Demnach geht die Idee auf den Präsidenten selbst zurück.

Ziel des Ausbaus zum Museumsviertel ist die Erweiterung der Ausstellungsfläche, so dass die gesamte Sammlung des Kunstmuseums gezeigt werden kann. Bisher sind insbesondere die Bestände alter und moderner belarussischer Kunst sowie der orientalischen Kunst weitestgehend im Depot. Außerdem soll ein Besucherservicebereich mit Café und Shops entstehen.

In die Erweiterung einbezogen wird das ehemalige Wohnheim der Staatlichen Universität. Bei anderen Gebäuden, die derzeit noch mit Wohnungen belegt sind, gibt es noch Verhandlungsbedarf, ob uns wie diese in die Erweiterung mit einbezogen werden können.

Warum die Meldung gerade jetzt wieder aktuell ist, ist nicht erkennbar. Die Idee jedenfalls ist nicht neu und immer mal wieder im Gespräch.

Subbotnik für das Museum

Auch in diesem Jahr sollen die Erlöse des Frühjahr-Subbotniks, der am 21. April stattfand, wieder dem Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges zugute kommen – ganze 50 % der Einnahmen sollen für den Neubau verwendet werden.

Gerüchteküche aus dem Nationalen Kunstmuseum

Aus Kollegenkreisen ist zu hören, dass das Kunstmuseum das für dieses Jahr zugesagte Budget für Sonderausstellungen vom Kulturministerium nicht bzw. nicht in vollem Umfang erhält. Deshalb könne, so heißt es, keine der geplanten Ausstellungen stattfinden, mit einer Ausnahme: Der Präsentation der von der Belgazprombank neu angekauften Gemälde , die in der Zwischenzeit in Belarus sind (BelaPan 10. April) und im September im Kunstmuseum gezeigt werden sollen. Es handelt sich um die Gemälde „les Amoureux“ von Marc Chagall und “Les grands pres a Chartres” von Chaim Soutine. Es sind die ersten und bisher einzigen Werke der beiden Künstler in Belarus.

Für weiteren Unmut sorgt die Tatsache, dass auch aus Russland, genauer aus der Eremitage, eine „versprochene“ Ausstellung zu 1812 nicht nach Minsk kommen wird. Offenbar fehlt auch hierfür auf weißrussischer Seite das Geld. Und schließlich gab es (bisher freilich interne) Pläne, im Rahmen der Städtepartnerschaft Bonn-Minsk eine Ausstellung zu realisieren. Dieses Projekt wurde ebenfalls auf Eis gelegt – zum einen wegen des fehlenden Geldes, zum anderen aber auch wegen der angespannten politischen Lage, die insbesondere auch das Verhältnis zu Deutschland betreffen.

Budget der Belarussischen Staatlichen Universität

Einer Meldung von BelaPan  im Februar zufolge betrugen die Einnahmen der BGU im Jahre 2011 642.9 Billionen Rubel ($ 77 Millionen). Das sind 60% mehr als im Vorjahr, so der Rektor der Universität. Von diesen Einnahmen stammen 45 % (291.9 Billionen Rubel) von der Regierung. Den größten Teil machen die Studiengebühren aus, ca. 60 % der knapp 30.000 Studierenden müssen diese entrichten. Davon sind ca. 2.000 Ausländer aus 53 Ländern, so die Angaben der Universität.

Künstler und Direktor – Vladimir Prokopcov

Foto: http://goals.by/other?escape=false&page=15

Eine weithin bekannte Persönlichkeit ist der Direktor des Nationalen Kunstmuseums, Vladimir Prokopcov. In der Zeit nach seiner Amtsübernahme als Leiter des Museums 1998 hat das Museum einen Erweiterungsbau erhalten und zahlreiche Ausstellungen realisiert. Für die Zukunft ist ein ganzes Museumsviertel rund um das Kunstmuseum gepant.  Als charismatische Persönlichkeit, häufig im Fernsehen und auf so gut wie allen kulturellen Veranstaltungen der Stadt anzutreffen, gelingt es Prokopcov, das Museum immer wieder ins Gespräch zu bringen. Er ist Professor für Kunstgeschichte, Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften und natürlich Mitglied des Künstlerverbandes. Außerdem ist er Mitglied der Nationalversammlung und damit durchaus eine politische Persönlichkeit.

Neben seiner Leitungsfunktion ist Prokopcov aber auch weiterhin noch als Künstler tätig. Zu seinen Sujets gehören Stillleben, Landschaften und Themenbildern, in denen er nicht selten selber vorkommt und die bisweilen auch in die Sammlung des Nationalen Kunstmuseums übergehen.

 Hier ein Interview mit Prokopcov aus dem Jahre 2009: http://www.pinguin.by/krupnym-planom/234-prokopzov.html

Konferenz „Belarus und Deutschland“

An der Linguistischen Universität, am Lehrstuhl für Geschichte und Belaruswissenschaften, fand am vergangenen Freitag die 11. internationale Konferenz zum Thema „Belarus und Deutschland“ statt. Veranstalter der jährlich stattfindenden Konferenz ist Sergej Novikov, ein auch in internationalem Kontext ausgewiesener Historiker. International freilich wurde die Konferenz durch einige russische Kollegen und mich.

Themenschwerpunkt war die Militärgeschichte, die meisten Vorträge widmeten sich dem „Großen Vaterländische Krieg“. Hervorzuheben sind aus meiner Sicht die Beiträge von Julija Kantor aus Petersburg zur Frage der Kulturgüterverluste (leider zu wenig zu Belarus), Anatolij Šarkov von der Akademie des Innenministeriums über die Vergeltungspolitik gegenüber Kollaborateuren (leider kaum Quellenbezug) und Igor Kusnecov von der BGU über die Forschungen zu Trostenec (präzise und sehr kritisch!). Als reaktion auf meinen eigenen Vortrag über die neue Konzeption des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges bekam ich durchweg zu hören, dass sowohl die Konzeption als auch die Pläne für Architektur und Gestaltung weitest gehend unbekannt waren – was mich ehrlich überrascht hat.

Insgesamt herrschte eine offene, kritische und aufgeschlossene Atmosphäre, wie ich sie oft in geschlossenen Kreisen erfahre. Der Austausch war rege, der Nachfragen viele. Sieht man von der schieren Masse der Vorträge ab (in der Nachmittagssitzung 18!!), meist ohne Folien oder anderes Anschauungsmaterial, wie es hier leider so üblich ist, bot die Tagung einen guten Einblick und Überblick über die aktuellen Fragen der Militärgeschichtsforschung in Belarus.

Neuer Gedenkstein auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Minsk

Am 22. März fand die Einweihung eines weiteren Gedenksteins auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Minsk, gegenüber der Geschichtswerkstatt auf dem Gelände des ehemaligen Ghettos, statt. Neben den schon vorhandenen Steinen, die an die Deportation von Juden aus Köln, Bonn und dem Siegkreis, Bremen, Berlin und Düsseldorf nach Minsk erinnern, wurde an diesem Tag ein Gedenkstein der Stadt Frankfurt am Main enthüllt. Anwesend waren Vertreter der Stadt Frankfurt und Minsk, der Evangelischen Kirche Hessen/Nassau, Vertreter der IBB Minsk und der Geschichtswerkstatt sowie Zeitzeugen. Noch immer fehlt nun ein Stein aus Prag, der an die von dort verschleppten Juden erinnern soll. Bisher konnte hier kein Übereinkommen über das gemeinsame Erinnern erzielt werden.

Am Nachmittag des Tages fand eine Veranstaltung anlässlich des 9. Jahrestages der Geschichtswerkstatt und am folgenden Tag die Eröffnung der Tschernobyl-Ausstellung im IBB sowie die Amtsübergabe der deutschen Leitung der IBB an Olga Rentsch statt. Die Stimmung bei beiden Veranstaltungen war dadurch getrübt, dass Astrid Sahm, die bisherige deutsche Leiterin der IBB Minsk, zuvor an der Einreise nach Belarus gehindert worden war. Inwieweit dies mit den jüngsten Entwicklungen zwischen Belarus und der EU zusammenhängt, kann nur vermutet werden.

Direktor des Nationalen Historischen Museums Belarus von seiner Aufgabe entbunden

Leider ist es kein Aprilscherz: Seit der vergangenen Woche ist das Nationale Historische Museum ohne Direktor. Der Vertrag von Sergej Vladimirovich Vecher, der am 23.3. turnusmäßig hätte verlängert werden sollte, wurde seitens des Kulturministeriums beendet. Eine offizielle Presseerklärung gibt es bisher nicht, auf der Website des Museums ist sein Name allerdings entfernt worden.

Vecher, vor seinem Amtsantritt im Historischen Museum vor sieben Jahren Leiter des Janka-Kupala-Museums, hat das Museum mit der ihm eigenen Energie geführt, zahlreiche Ausstellungen realisiert und einen ausländischen Sponsor an das Museum gebunden. Es lässt sich nur vermuten, dass seine Eigenständigkeit letztlich der Grund für seine Entlassung sein wird. Ob und inwiefern Differenzen mit dem Kulturministerium über das kurz vor der Eröffnung stehende „Museum der belarussischen Staatlichkeit“ eine Rolle spielen, ist nicht bekannt. Als Direktor des Historischen Museums war er zuständig für die Konzeption und Realisierung dieses auf die Person des Präsidenten zugeschnittenen Museums. Viele Museumskollegen äußern sich intern immer wieder kritisch zu diesem Vorhaben.

Er kämpfte aktiv für ein neues Gebäude für das Nationale Historische Museum und engagierte sich für eine Neukonzeption gerade auch im Hinblick auf die ausländischen Gäste und Touristen hin, die im Rahmen der Eishockey-Weltmeisterschaft im Jahre 2014 zu erwarten sind.

Bis auf weiteres übernimmt nun seine Stellvertreterin die Leitungsfunktion, weitere Mitarbeiter aber haben bereits angekündigt, das Museum in dieser Situation verlassen zu wollen. Ein Nachfolger ist bisher nicht benannt. Vecher wurde die Stelle eines stellvertretenden Direktors in einem anderen Museum angeboten.

Spezialmuseen: Die Geschichte des Tennis-Sports

Tennis wird nach dem Sieg von Wiktoria Asarenka bei den Australian Open derzeit ganz groß geschrieben. Dazu passt der Plan, ein eigenes Museum zur Geschichte des Tennis in Belarus aufzubauen. Diese Idee des Direktors eines großen Tenniszentrums ist wohl schon älter, bis jetzt ist das Museum aber noch im Aufbau. Das liegt vor allem an dem Mangel an Exponaten. Alle Tennis-Fans sind aufgefordert, dem Museum Objekte zu übergeben. Bis dahin behilft sich das Museum mit Text- und Bildwänden.

Napoleon-Ausstellung im Historischen Museum

In diesem Jahr jährt sich bekanntlich der Überfall Napoleons auf das Russische Reich zum 200. Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Nationale Historische Museum seit einigen Wochen eine Sonderausstellung. Der Titel „Der Krieg des Jahres 1812 in der Stadt Minsk“ gibt die Perspektive vor, die sich allerdings nicht konsequent durch die Ausstellung zieht. Vielmehr ist, wie so häufig in hiesigen Sonderausstellungen, auf den ersten Blick weder Konzept noch Gliederung für den Einzelbesucher erkennbar.

Die Ausstellung beginnt in dem ersten der sechs Abschnitte mit einer Bestandsaufnahme der russisch-französischen Beziehungen Anfang des 19. Jh., wirft einen Blick auf die Lage in den Armeen und zeichnet die Kampfhandlungen nach. Dabei liegt der Fokus leider nicht immer erkennbar auf Minsk und den weißrussischen Gebieten. Nur vereinzelt finden sich Bezüge zur Stadt Minsk, etwa in zeitgenössischen Abbildungen oder in Dokumenten.

Die Highlights und Blickfänge der abwechslungsreich und lebendig gestalteten Ausstellung sind Uniformen und Waffen. Nicht alle sind Originale, die Reproduktionen allerdings sind ausgewiesen. Texte zur Orientierung fehlen, es gibt nur einen einleitenden, sehr langen und schlecht lesbaren Text am Eingang der Ausstellung, der die politischen Konstellationen reflektiert. Ein Bildschirm sollte wohl vertiefende Filmdokumente bieten, ist aber bisher nicht in Betrieb. Überhaupt sieht das Konzept vor, die Ausstellung im Laufe des Jahres immer wieder durch Objekte aus den verschiedenen Museen des Landes zu aktualisieren und neue Akzente zu setzen.

Die Kuratoren der Ausstellung sind junge professionelle Museumsleute, die das inhaltliche Konzept ursprünglich stärker auf die Person Napoleons und seine durchaus auch positive Aufnahme in dieser Region fokussieren wollten. Dies schien dem Museum aber nicht geheuer und wurde entsprechend zurückgenommen. Immerhin besteht die Ausstellung darauf, für Weißrussland/Belarus nicht, wie in der russischen und sowjetischen Rezeption üblich, vom „Vaterländischen Krieg“ zu sprechen mit dem Argument, eine Verteidigung des Vaterlandes sei dieser Krieg für die dem Russischen Reich einverleibten weißrussischen Regionen nicht gewesen.

Die Ausstellungskonzeption und weitere Hintergründe zur Ausstellung finden sich in einem Artikel im aktuellen Heft der Zeitschrift „Muzejny Vesnik“ (Музейны Веснiк) .

Werke jüdischer Komponisten in der Philharmonie

Von erlesener Qualität war das gestrige Konzert im Kleinen Saal der Philharmonie . Auf dem Programm stand eine Auswahl von Werken jüdischer Komponisten, die durch Geburt, Leben oder Wirken mit Weißrussland /Belarus bzw. der Kulturregion verbunden sind. Dargeboten wurden die Stücke durch das Solisten-Ensemble „Klassik-Avantgarde“.

Das Ensemble wurde Ende der 80er Jahre gegründet und steht seitdem unter der Leitung von Vladimir Baidov. Die 18 Musiker sind teilweise als Solisten mehrfach ausgezeichnet und bilden zusammen einen harmonischen und technisch brillanten Musikkörper. Ihr Name ist Programm: Immer wieder stellt das Ensemble neben bekannten Klassikern bisher wenig gespielte und teilweise vergessene Komponisten vor. Ergänzt wird das Konzertprogramm, wie auch gestern Abend, durch jeweils ausführliche Einführungen in die Stücke mit biographischen Informationen über die Komponisten und ihre Werkgeschichte.

Gestern Abend stellte das Orchester etwa 12 Stücke jüdischer Komponisten vor, darunter Maximilian Steinberg (1882-1946), Aleksandr Tansmann (1897-1986) und Mardechaj Gebirtig (1877-1942) , der im Ghetto in Krakau erschossen wurde. Überhaupt war viel die Rede von dem Schicksal der jüdischen Bevölkerung in der Region, Antisemitismus und vergessener Kultur. Der ganze Abend wurde in belarussisch moderiert, das Programm nur in belarussisch gedruckt. Das Interesse war groß, der Saal übervoll. Das Bedürfnis, der eigenen Vergangenheit auch in der Musikgeschichte nach zuspüren ist immens, und so war auch die Begeisterung: Nach zwei Zugaben gab es noch immer stehende Ovationen.

Das Ensemble, sein Programm und seine Anhänger sind ein weiterer Mosaikstein in der immer wieder ambivalenten Wahrnehmung von Belarus: So erhält dieses staatliche Orchester, das vom Kulturministerium von Belarus finanziert wird, zugleich Sponsorenmittel des hier stark in der offiziellen Kritik stehenden Polnischen Kulturinstituts. Auch wenn die staatliche Förderung für die nationale belarussische Kultur nicht ausreicht, wie viele Intellektuelle beklagen, so sind solche Konzerte doch ein Lichtblick. Und auch wenn die reiche Geschichte der jüdischen Bevölkerung und Kultur in der Region sicher nicht zu den Mainstream-Themen gehören, so gibt es eine Nische. Wie komplex die Situation ist, zeigt das gemischte Publikum unterschiedlichen Alters und Hintergrundes, darunter übrigens auch einige wenige Vertreter staatlicher Behörden.

Ausgrabungsfunde am Alten Schloss in Minsk

Im Zusammenhang mit Ausgrabungen des Minsker Schlosses sind im Februar antike Schmuckstücke gefunden worden. Ein besonderes Stück, das jetzt im Nationalen Historischen Museum ausgestellt wird, ist ein goldenes Armband aus dem 12.-13. Jh., das insofern selten ist, als die meisten Schmuckstücke dieser Zeit in der Region aus Silber gefertigt waren. Wahrscheinlich wurde es nicht hier gefertigt, sondern von weither nach Minsk gebracht. Diese Vermutung liegt nahe, da es keine Vergleichsstücke in Belarus gibt. Vielmehr finden sich solche Arbeiten in Skandinavien. (Quelle: Zeitschrift WHERE MINSK, Februar 2012, S. 30)

Ausgrabungen auf dem Gebiet der ehemaligen Altstadt von Minsk, entlang des heutigen Prospekt Pobeditelej, wo sich auch das Schloss befand, finden seit einigen Jahren statt. Geplant ist ein Museum zur Geschichte der Stadt.

Radius Null – Zeitgenössische Kunst in Minsk

Blick in die Ausstellung.

Vom 29.2. bis 10.3. fand eine der seltenen innovativen Kunstprojekte in öffentlich zugänglichem Raum in Minsk statt. Eine Gruppe von zeitgenössischen Künstlern stellte ihre Werke in der stillgelegten Fabrikhalle der staatlichen Konsumgutfirma Horizont aus. Ziel war es, so die Veranstalter, künstlerische Positionen des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert am Beispiel von Minsk auszuloten.

Die Kuratoren des Projekts sind R. Vaškevič, O. Žgirovskaja und O. Šparaga. Die beteiligten Künstler leben meist in Belarus, einige auch im Ausland, und gehören zum Einzugskreis der Galerie Ŷ. Diese wiederum gehörte, wie auch die Zeitschriften/ Portale Novaja Evropa und artaktivist zu den Sponsoren der Ausstellung, übrigens zusammen mit den staatlichern Firmen Horizont, der Juwelierkette Monomach u.a.

Die Auswahl der Künstler erfolgte durch eine Expertenkommission, zu der Vertreter der freien Kunstszene im In- und Ausland ebenso gehören wie Angehörige staatlicher Museen und Einrichtungen. Mitglieder dieser Kommission, die Auswahlkriterien und Auszüge aus den Gutachten der Kommission sind in der Ausstellung zu lesen. Ausführlich dokumentiert werden soll das gesamte Projekt in einem Katalog.

Andrej Lenkevič: "Leb wohl, Heimat!"

Mit einem historischen Mythos beschäftigt sich die Arbeit „Leb wohl, Heimat!“ (Прощай, родина!) (nach einem Zitat eines Soldaten in der Brester Festung) von Andrej Lenkevič. Was wissen wir eigentlich, so fragt der Künstler, wirklich vom Großen Vaterländischen Krieg? Jenseits von Paraden, Feiertagen, Ritualen und einem Pflichtbesuch im Museum kümmert sich niemand um die Veteranen, nur wenige wissen genau, wer die die mit dem Krieg verbundenen Menschen sind, nach denen mehr als die Hälfte aller Straßen in Minsk benannt sind, keiner kann sich, auch aufgrund zurückgehaltener Informationen, eine zuverlässige Vorstellung von der viel beschworenen Partisanenbewegung machen. Mehr als ein halbes Jahrhundert danach, so meint der Künstler, ist es an der Zeit, über die Grenzen von Kult und Verklärung hinauszugehen, um ein echtes Gespräch mit den jetzt noch lebenden Zeitzeugen zu beginnen, die Relevanz des Krieges für unsere Gegenwart zu erkunden. Einen Anfang dazu will das Projekt des Künstlers machen, das vier Kurzbiographien von offiziellen Kriegshelden zusammen mit einer Stadtkarte in Waffenform sowie eine von der staatlichen Wodkafabrik produzierte Flasche in Form einer Kalaschnikov zeigt.

Museen als Bildungsorte des 21. Jahrhunderts – Seminarreihe im Goethe-Institut

Mit dem Seminar „Zeitgeschichte in Museen“ hat am Freitag die Seminarreihe zu Fragen des Ausstellungs- und  Museumsmanagements im Goethe-Institut begonnen. Die Referentin, Dr. Irmgard Zündorf vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (Potsdam) berichtete den 25 Teilnehmern aus verschiedenen Minsker und regionalen Museen über die Erinnerungslandschaft in Deutschland und wie diese sich in Diskursen (z.B. über die Gedenkstättenkonzeption) und Museen widerspiegelt.

Die komplexen Strukturen in Deutschland zwischen Föderalismus und Bund sowie Aufarbeitung der NS- und DDR-Vergangenheit riefen zunächst viele Nachfragen hervor. In den teilweise sehr lebhaften Diskussionen und Gruppenarbeitsphasen entstanden dann aber sehr differenzierte Entwürfe für die Situation im eigenen Land mit sehr konkreten Vorschlägen, wie zum Beispiel der Stärkung regionaler Strukturen gerade im Kulturbereich, wie es in letzter Zeit schon ansatzweise zu beobachten ist.

Die Veranstaltung konnte das Bewusstsein dafür schärfen, dass es zeitgeschichtliche Museen im deutschen Sinne in Belarus gar nicht gibt, sondern allenfalls temporäre Ausstellungen zu einzelnen Aspekten der jüngsten Geschichte. Der Hinweis auf die eine, hochaktuelle Ausnahme, das „Museum der belarussischen Staatlichkeit“ (dessen Eröffnung unmittelbar bevorsteht), das keiner kennt und bis auf weiteres auch keiner besuchen darf, machte die dafür verantwortlichen kultur- und geschichtspolitischen Verantwortlichkeiten einmal mehr deutlich. Überhaupt verlief die Diskussion sehr offen, mit viel Humor und Kreativität. So wurden als neue zeithistorische Museen im Falle völliger Planungsfreiheit folgende Ausstellungen vorgeschlagen: Ein Museum der Geschichte der Republik Belarus, in dem die leeren Regale und Schlangen vor den Wodkaregalen Anfang der 90er Jahre gezeigt werden könnten, um die aktuelle Situation umso heller erstrahlen zu lassen, ein Museum der Biographien, das den individuellen Umgang mit der jüngsten Entwicklung exemplarisch dokumentieren würde, ein Museum der BSSR mit einem ähnlich nostalgischen Konzept wie die privaten DDR-Museen in Deutschland, ein Museum des gegenwärtigen belarussischen Films, das ohne Objekte auskommen müsste, da die Requisiten regelmäßig im Auftrag privater Sammler aus den Filmstudios gestohlen würden oder ein Museum des Schmuggels, das den eigentlich wahren Kern der belarussischen Identität dokumentieren würde, da das Land seit jeher als Transitgebiet zwischen den übermächtigen Nachbarn fungiere.

Das nächste Seminar wird sich am 13. April mit strategischem Marketing und Tourismus beschäftigen.

Sponsoring im Nationalen Historischen Museum

Als eines der wenigen Museen in Belarus ist es dem Historischen Museum gelungen, für einige Jahre einen Sponsor an sich zu binden (Japan Tobacco International (JTI). Mit ihm konnten bereits diverse Projekte realisiert werden, darunter die neue Website, der Ankauf von Objekten und die Herausgabe u.a. eines Highlight-Katalogs.

Letzterer ist das, was in den meisten belarussischen Museen fehlt: Eine überschaubare und doch attraktive Veröffentlichung zu den Sammlungen. In fast keinem der Museen gibt es aktuelles Faltblatt oder eine Broschüre, die der Besucher als Andenken erwerben kann, von sonstigen Merchandising-Produkten ganz zu schweigen. Dieser kleine, aber feine Katalog ist hochwertig produziert, zeigt viele Farbfotos und hat eine belarussische, russische und englische Einleitung.

Neues aus dem Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges

Ein Detail aus dem besprochenen Museumsraum.

Noch immer ist die Eröffnung des neuen Museums für Sommer 2013 geplant. Man glaubt es kaum, wenn man den Stand der Vorbereitungen sieht, aber so ist es ja bekanntlich immer: Vorne spricht der Präsident und hinten wird gehämmert. Auch hier wird es nicht anders sein und angesichts der vielen Hindernissen bei dieser Neukonzeption geht die Arbeit gut voran.

Davon konnte ich mich gestern bei einem Workshop im Museum zur Präsentation und Analyse des Raums „Der Kriegsanfang: Die Verteidigungskämpfe der Roten Armee 1941-1942“. Im Zentrum der 400 qm stehen hier die ersten Kampfhandlungen auf dem Gebiet von Belarus bis zum Abschluss der Schlacht um Moskau. Die verantwortliche Wissenschaftlerin stellte mit Unterstützung einer Computeranimation nochmals die Architektur des neuen Museums vor. Anschließend erläuterte sie das aktuelle Raumkonzept, Schlüsselexponate und den geplanten Medieneinsatz (einschließlich hochmoderner FogScreens aus Russland) sowie eine museumspädagogische Station in Anwesenheit der polnischen Gestalterfirma. Als Kommentatoren traten mehrere Historiker auf (u.a. Vladimir Ivanovich Kuzmenko vom Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften) , aber auch zwei Vertreterinnen des Museums für zeitgenössische Geschichte, Moskau. Als „europäische Expertin“ durfte ich auch meinen Kommentar abgeben – was wieder eines der vielen Paradoxa ist: Im Lichte der aktuellen politsichen Spannungen ist es um so erstaunlicher, dass eine deutsche Historikerin zur Neukonzeptin gerade dieses Museums eingeladen und gehört wird.

Nimmt man die aktuelle Version des Konzeptes aus wissenschaftlicher Sicht in den Blick, dann fällt zunächst auf, dass sich die Auswahl der Themen und ihre Ausarbeitung fast ausschließlich auf die (bela-)russische Geschichtswissenschaft stützen. Damit bleiben einige Themen nach wie vor ausgeklammert. Hinzu kommt die noch immer traditionell sowjetischen Militärlastigkeit der Darstellung. Schaut man von der museumswissenschaftlichen Seite, so ist die Ausstellung überladen, Leitexponate (noch) nicht erkennbar und in ihrer Gestaltung trotz vieler Medien recht konservativ.

Dieser Befund überrascht mich nach meiner Zusammenarbeit mit dem Museum nicht, sowohl der geschichtspolitische Rahmen als auch die Austauschmöglichkeiten mit Vertretern internationaler Museen sind eingeschränkt. Berücksichtigt man diese Umstände, so ist das Konzept gerade zu modern und weist deutlich über die aktuelle Ausstellung hinaus.

Überrascht waren aber die russischen Kolleginnen, die diese Argumente gar nicht gelten lassen wollten. Seien doch die Minsker Kollegen mehrfach und regelmäßig in Moskau gewesen, wo sie nicht nur mit verschiedenen Museen beraten hätten, sondern auch all die modernen Museen und Ausstellung hätten ansehen können, die mittlerweile Standards setzten. Offenbar läge es weniger an den Möglichkeiten, als an den Fähigkeiten der Minsker Museumsleute, dass hier ein „erstaunlich sowjetisches Museum nach alten Mustern“ entstehe.

Konkret kommentierten die Moskauer die zu große Menge an Exponaten, fehlende Themen und Perspektiven wie die der Zivilbevölkerung oder des Alltagslebens der Soldaten, das bisher nicht erkennbare Narrativ der Darstellung, den fehlenden Aktualitätsbezug des Krieges zur heutigen belarussischen Gesellschaft u.a. Hier merkten sie übrigens selbstkritisch an, dass im Falle des Minsker Museums dasselbe zu befürchten sei, wie im Falle des Museums der Verteidigung Moskaus: Es sei leider nicht, wie erhofft, zu dem zentralen Erinnerungsort für die heldenhaften Leistungen der Moskauer im Krieg geworden, weil es einfach „kein gutes Museum“ sei. Harter Tobak!

Ausstellung im Kunstmuseum

Foto: http://www.artmuseum.by/

Seit einer Woche ist im Nationalen Kunstmuseum ein Gemälde aus Litauen zu sehen, das aus mehreren Gründen seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es handelt sich um ein Portrait von Vaitiekus Puslovskis (1762-1833) von dem Maler Valentinas Vankavicius/Valentin Vankovič.

Der Portraitierte rückt das Großfürstentum Litauen ins Zentrum der Aufmerksamkeit, zu dessen einflussreichsten Persönlichkeiten Puslovskis im 18. Jahrhundert gehörte. Für Polen, Litauen und Belarus ist es gleichermaßen ein Bezugspunkt nationaler Vergangenheit. Für Belarus ist es zudem ein politisches Bekenntnis, bei der offiziell verordneten Nähe zu Russland eigene Wurzeln auch und gerade in Mitteleuropa und westlicher Kultur zu suchen. Das transnational Verbindende dieses Erbes war somit auch der Tenor aller Reden auf der Eröffnung der Ausstellung.

Der Person des Malers führt indes weiter in die Tiefen und Untiefen der regional verbindenden Geschichte. Wie viele andere Persönlichkeiten des Großfürstentums wird auch Vankovič von Polen und Belarus in derselben Weise als nationaler Maler reklamiert. Belarus tut dies mit einem eigenen Museum, in dem sich freilich kein einziges Original des Malers befindet. Die Arbeiten Vankovičs sind wiederum in Polen und Litauen zu finden, so dass es nun umso wichtiger für Belarus ist, wenigstens vorübergehend ein Original des Malers ausstellen zu können. Die Situation ist symptomatisch für viele Teile des kulturellen Erbes: Es lässt sich schlicht nicht einer Nation in den heutigen Grenzen zuordnen.

Foto: http://www.artmuseum.by/

Schließlich sind die mit der Ausstellung verbundenen Slutzker Gürtel oder Schärpen der Erwähnung wert. Aus der Sammlung des Litauischen Kunstmuseums sind neben dem Gemälde vier dieser wertvollen Textilien nach Minsk gekommen und erinnern damit an die Ausstellung von 2008-2010, als in Minsk die Sammlung von Schärpen gezeigt wurde, die sich heute im Historischen Museum in Moskau befindet. Bei den Schärpen handelt es sich um eine Laibbinde, die als Gürtel zur traditionellen Kleidung weißrussischer, polnischer und litauischer Adliger zwischen dem 16. und frühen 19. Jahrhundert gehörte und auf den Reichtum ihres Trägers schließen ließ. Für die Kulturgeschichte der Region sind sie von großem Wert, was offenbar auch den Präsidenten bewogen hat, an höchster Stelle darüber zu informieren.

In Minsk und Belarus sind nur noch zwei Slutzker Gürtel vorhanden, sie befinden sich in der Sammlung des Kunstmuseums. Einst gab es eine bedeutende Sammlung von 40 Gürteln, die allerdings im Krieg verloren gin. Genaueres ist nicht bekannt, und gerade deshalb ist das Kunstmuseum an Forschungen zum Verbleib der Sammlung und sogar an einer konkreten Suche interessiert.

Ein Ausflug in die Musikszene

Für die Berichterstattung über die Musikszene in Belarus/Weißrssland gibt es kompetentere Schreiber als mich. Ich will daher nur meine ganz persönlichen Eindrücke von einem Konzert der beliebten Jazzband Apple Tea zum Besten geben. Im Januar hatte ich das Vergnügen, die Band in einem der wenigen Klubs zu hören, die von der alternativen Jugendszene besucht werden. Eine gute Bekannte und Kollegin hatte mich eingeladen, mich mehrfach nervös darauf hingewiesen, dass es mir vielleicht nicht gefallen könnte, handele es sich bei dem Graffiti-Klub doch um einen abgelegenen Ort, schwer zu finden und sicherlich nicht meinen „diplomatischen Erwartungen“ entsprechend. Am Ende war sie ganz erleichtert, dass es mich nicht nur nicht geschockt, sondern es mir sogar ausnehmend gut gefallen hat. Die entspannte und offene Atmosphäre hat mich außer an Berlin an die für uns gar nicht mehr hinterfragte Selbstverständlichkeit einer freien Musikszene erinnert.

Die Band selbst gibt es schon sehr lange, sie hat sich in den späten 80er Jahren gegründet, als in Russland Kino, DDP oder Nautilus Pompilius entstanden. Seitdem hat sie sich vielfältig entwickelt, tritt vor ganz großem Publikum ebenso wie in kleinen Klubs auf und wird gerade dafür bei der kritischen Jugend sehr geschätzt.

Video zu Apple Tea auf Youtube: http://youtu.be/L0h9n7HXvM4

Weitere Informationen zur Musikszene:

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/?artikelID=20060306

http://www.eurozine.com/articles/2007-02-08-petz-de.html

Neues aus dem Nationalen Historischen Museum

Das aktuelle Gebäude des Museums. Foto: http://images.yandex.by/

Um das Nationale Historische Museum Weißrusslands/Belarus’ steht es nicht gut. Das ist nichts Neues, aber nun gibt es eine weitere schlechte Nachricht: Das neue Gebäude in der Frunze Straße 19 im Stadtzentrum, in das das Museum mitsamt seinen Sammlungen in naher Zukunft hätte umziehen sollen, um dort endlich Platz für eine neue Dauerausstellung zu haben, wurde einer neuen Bestimmung zugeführt. In Zukunft soll es nicht das Historische Museum, sondern das erst kürzlich ins Leben gerufene Komitee für Aufklärung beherbergen.

Seit langem schon ist das Historische Museum auf der Suche nach einer Lösung für die zahlreichen Herausforderungen. An vorderster Stelle steht dabei der Bedarf an mehr Raum, sowohl für die Ausstellung als auch für die Sammlung. Der Umzug in das renovierte Gebäude hätte diese Probleme lösen können. Eine Alternative wurde dem Museum bisher nicht angeboten.

Eine Alternative ist der Umbau des jetzigen Gebäudes in der Karl-Marx-Straße. Um genug Platz und museumsgerechte Bedingungen für das Historische Museum zu schaffen, müsste das Gebäude grundsaniert und ein neuer Ort für das derzeit ebenfalls im Gebäude untergebrachte Naturkundemuseum gefunden werden. Doch ist weder Geld für den Umbau vorhanden, noch gibt es ein geeignetes Gebäude für das Naturkundemuseum.

Foto: http://images.yandex.by/

Das Museum des Großen Vaterländischen Krieges und die Wirtschaftskrise

Der Neubau des „Museums des Großen Vaterländischen Krieges“ am Obelisken Minsk Heldenstadt geht voran, trotz Wirtschaftskrise und chronischem Staatsdefizit. Probleme gibt es derzeit mit dem alten Gebäude bzw. der dort gelagerten Sammlung. Diese kann aufgrund der Stadtplanung der Behörden dort nicht bis zum Umzug in das neue Gebäude bleiben, das 2013 eröffnet werden soll. Der Plan sieht vor, dass die Sammlung in einem anderen Gebäude zwischengelagert werden soll, damit das alte Gebäude am Oktoberplatz in der Stadtmitte noch vor Juli 2012 abgerissen werden kann. An seiner Stelle soll ein 5-Sterne Hotels entstehen, das bereits bis zur Hälfte gebaut ist. Der zweite Teil kann nun nicht begonnen werden, da es bisher kein Gebäude gibt, in das das Museum mitsamt seiner Sammlung umziehen kann. Offenbar betreffen die Folgen  dieser Planänderung aber bisher nicht das Museum, sondern das Hotel. Demnach ist dieses Bauvorhaben eines von mehreren Projekten mit internationaler Beteiligung, die nicht in der geplanten Weise realisiert werden, sondern den veränderten Umständen angepasst werden müssen. Demnach wird das Museum vorerst an alter Stelle bleiben.

Konferenz „Verbrannte Dörfer“ in Belarus/Weißrussland

Vom 15.-17. Mai findet im Museum des Großen Vaterländischen Krieges eine Konferenz zur Thema der „verbrannten Dörfer“ in Belarus statt. Informationen sind auf der Website des Museums zu finden.

Als Mitglied des sog. Orgkomitees erlebe ich dabei mal wieder eine Lehrstunde der belarussischen Konferenzvorbereitung und –organisation. Wichtiger als formale Aspekte ist aber das geplante Programm. Leider sieht es so aus, als stünden letztlich weniger die Dörfer, als die „Zivilgesellschaft im Krieg“ im Vordergrund. Das hieße, dass das noch immer brisante Thema der verbrannten Dörfer wahrscheinlich wieder nicht ausgeleuchtet wird, sondern in einer breit angelegten und damit sehr allgemeinen Betrachtung der Bevölkerung im Krieg untergehen wird.

Neugestaltung des historischen Ortes in Malyj Trostenec

Gedenkstein am historsichen Ort des Lagers.

Die seit 1994 anhaltenden Diskussionen um die Gestaltung des Gedenkortes in Malyj Trotenec kommen nun offenbar in eine neue Phase. Nachdem über Jahre entweder Architekten abgesprungen, das Geld ausgegangen oder gar nicht erst welches zur Verfügung gestellt wurde, kam es jetzt Anfang Februar zur Unterzeichnung eines Vertrags (3.2.2012) zur Neugestaltung der Anlage unter der Leitung der Architektin Anna Aksjonowa.

Malyj Trostenec war das größte Vernichtungslager, das von den Nationalsozialisten auf dem Gebiet der Sowjetunion errichtet wurde. Zu dem damals etwa 13 km von Minsk entfernten Lagerkomplex gehörten eine zu einem SS-Gut umgewandelte ehemalige Kolchose, in der meist jüdische Zwangsarbeiter eingesetzt waren, sowie die Erschießungsplätze bei Blagowschtschina und Schaschkowka. Hier wurden in den Kriegsjahren 1941–1944 belarussische und deportierte ausländische  Juden, Kriegsgefangene, Partisanen, Untergrundkämpfer, Einwohner von Minsk und den nahe gelegenen Städten erschossen oder vergast. Die Angaben zu den Opferzahlen schwanken zwischen 60.000 und über 200.000 Menschen. Weder das ehemalige Krematorium noch wirtschaftliche und administrative Gebäude des Lagers sind heute noch vorhanden.

Obelisk zur Erinnerung an die Soldaten der Roten Armee.

Der historische Ort des Lagers ist derzeit durch zwei kleine Gedenksteine aus den 60er Jahren markiert. Sie sind schwer zu finden und eine Information fehlt ganz. Nicht am ursprünglichen Ort des Lagers einige Kilometer entfernt steht ein Obelisk in einer gestalteten Gedenkanlage zur Erinnerung an den Sieg über den Nationalsozialismus und die gefallenen sowjetischen Soldaten ohne einen Hinweis auf das Vernichtungslager in Malyj Trostenec.

Sowohl die beiden Gedenksteine als auch die Anlage um den Obelisken sind in denkbar schlechtem Zustand. Um hier Abhilfe zu schaffen, ist folgendes geplant: Der historischen Wegführung zum Lager folgend soll der „Weg des Todes“ erhalten bleiben. Der zentrale Weg wird der „Weg der Erinnerung“ sein. An seinem Anfang soll eine Informationstafel über den historischen Ort informieren. Hinter dem Obelisken eröffnet sich sodann das „Beerdigungsfeld“, wohin die Asche der verbrannten Körper gestreut wurde. Auch hier sollen Informationstafeln aufgestellt werden. Ebenfalls in die Neugestaltung einbezogen wird der deutsche Friedhof, der sich dort befindet. Wann die Umgestaltung abgeschlossen sein soll, ist nicht bekannt.

Inschrift auf der Rückseite des Obelisken.

Bislang ist dieser historische Ort kaum Gegenstand der Forschung in Belarus gewesen, allenfalls in den Arbeiten der Geschichtswerkstatt, wenngleich Dokumente und Quellen zugänglich sowie die historischen Fakten bekannt sind.

Inschrift auf der Vorderseite des Obelisken.

Seminare zum Ausstellungs- und Museumsmanagement

Auch in diesem Jahr wird es wieder eine Reihe von Veranstaltungen für Mitarbeiter/-innen von weißrussischen Museen am Goethe-Institut geben. Anders als im letzten Jahr wird eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe zusammenkommen, die sich aus einem festen Teilnehmerkreis zusammensetzt. Die Museumsfachleute erhalten am Ende ein Zertifikat über ihre Teilnahme, ausgestellt vom Goethe-Institut, ICOM und Tradicia History Service. Darüber hinaus finden zwei mehrtägige Workshops zur Vertiefung einzelner Themen statt.

Der Ausschreibungstext zur Bewerbung um die Teilnahme ist ab heute in deutscher, russischer und belarussischer Sprache auf der Website des Goethe-Instituts zu finden.

Außerdem habe ich in der vergangenen Woche mit meinem „Speckurs“ zum Thema Ausstellungsmanagement an der Historischen Fakultät am Lehrstuhl für Museumswissenschaften der Staatlichen Universität begonnen. Eine durchaus lohnende Erfahrung: Die Studierenden sind engagiert und saugen den Stoff praktisch auf, zur Bearbeitung von Texten, Websites etc. kann ich auf deutsche, englische und französische Sprachkenntnisse zurückgreifen, die Technik (Beamer, WiFi) hat bis jetzt einwandfrei funktioniert.

Weniger erfreulich sind das Honorar (10.0000 Rubel (ca. 1 €) pro Stunde), nur mäßig geheizte Räumlichkeiten mit zwar vielen PCs, dafür aber keiner Tafel, einer Flipchart o.ä., die nicht vorhandene Fachliteratur für einen Handapparat und die Organisation seitens der Uni. Dafür ist es umso erstaunlicher, dass sich aber auch inhaltlich niemand um mich kümmert, sprich: ich bin vollkommen frei in der Wahl meiner Seminarinhalte und Beispiele, incl. uneingeschränktem Zugang zum Internet. Auch hier also wieder die so oft zu beobachtende Ambivalenz: Ein insgesamt zu niedriges Niveau, nicht nachvollziehbare Strukturen und vor allem die eingeschränkte Freiheit zu Forschung und Lehre behindern den Beitritt des Landes zum Bologna-Prozess. Eine Kontrolle oder Aufsicht ausländischer Referenten, so jedenfalls meine eigene Erfahrung, findet offenbar nicht systematisch statt.

Nochmal: Buchmesse in Minsk

Im Rahmen der Buchmesse ist Frau Katharina Raabe, Leiterin des Osteuropa-Programms im Suhrkamp Verlag zu Gast in Belarus, um sich einen Eindruck von der Literatur des Landes zu machen. Am Freitag, den 10. Februar, 19.00 Uhr, wird sie in der Galerie Ў gemeinsam mit dem Schriftsteller Artur Klinau sowie den Autorinnen Volha Hapeyeva und Maryia Martysevich zum Thema „Literatur grenzenlos?“ diskutieren.

Mehr Informationen unter: http://www.goethe.de/ins/by/min/ver/de8791289v.htm

Private Kunsthandlung und Rahmungen in Minsk

Wie so oft, hat sich die Sendung „Alte neue Heimat“ auf WDR 5 auch an diesem Sonntag (5.2.2012) wieder Belarus/Weißrussland zugewandt. In einem Beitrag über die Situation privater Unternehmen im Lande stand eine Kunsthandlung in der Hauptstadt im Mittelpunkt, die Rahmen, Rahmungen und hochwertige Kunstdrucke anbietet.

Unter Verweis auf die doch erheblichen Schwierigkeiten und bürokratischen Schikanen, mit denen ein privates Unternehmen heute in Belarus zu kämpfen hat, wollten die Inhaber der Kunsthandlung nicht genannt werden.

Diesen Wunsch wollen wir nicht unterlaufen. Hochwertige Rahmen, Leisten und Kunstdrucke gibt es jedenfalls an verschiedenen Stellen: http://www.ramka.by/, http://baget.by/, http://heritage.belcoins.com/podzemka.html, http://www.bagetstudia.by/contact.html

Zwischen den Jahren

Die "Haupttanne des Landes" steht vor dem Palast der Republik. Foto: http://www.snpltd.ru/new_year/belorussia/Minsk_K_3days/

Es ist jedes Jahr dasselbe, man lebt in der Spannung der letzten Tage und Stunden des einen und in der freudigen und zugleich bangen Erwartung des kommenden Jahres. So war es auch dieses Mal – unserem ersten Sylvester in Belarus, nur wurde die Spannung der letzten Stunden dramatisch gesteigert durch die Zwischenlage, in der wir uns hier befinden.
Stichwort Diplomatie: Am liebsten wäre ich ja zu Hause geblieben, zumal wir aus unserem 18. Stockwerk zweifellos einen phantastischen Ausblick auf das Feuerwerk gehabt hätten. Aber die Pflicht rief, also folgten wir ihr in Form einer Einladung unserer diplomatischen Nachbarn (aus deutscher wie aus belarussischer Perspektive). Die erste Wahl, den Abend gemeinsam in einem zünftigen Restaurant in der Innenstadt mit allem Drum und Dran zu verbringen, wurde kurzfristig abgelöst durch die durchaus vornehmere Wahl zugunsten des ersten Hotels am Platz. Hier sollten uns, gegen eine nicht unerhebliche Eintrittsgebühr (etwa ein Monatsgehalt in Belarus!), ein „hochwertiges“ Showprogramm und ein „ausgezeichnetes“ Menü erwarten. Die Frage, ob die Damen in lang und die Herrn im Smoking gehen, erledigte sich, als sich herausstellte, dass die Getränke selbst mitzubringen seien. Dass es sich dennoch um ein erstklassiges Hotel handelt, haben wir der tröstlichen Nachricht entnommen, dass es stets im Fokus der Aufmerksamkeit steht, insbesondere durch die „Dienste“, die es natürlich auch hier besonders auf die Deutschen und Polen abgesehen haben.
Stichwort Feiern: Dass die Belarussen gerne und ausgiebig feiern, ist bekannt und das haben sie auch in dieser Nacht getan: Viel essen, viel trinken, viel tanzen, und das mit der ganzen Familie und über mehrere Generationen hinweg. Ein leichtes Naserümpfen gab es allein von den Nachbarn – hier sei man es gewöhnt, viel mehr zu tanzen und nicht so lange zu essen. Auch bringe man keine Kinder mit zur Sylvesterfeier, allerdings zeigte man sich einsichtig, dass in Belarus bekanntlich das Neujahrsfest weniger dem „westeuropäischen“ Sylvester als dem Weihnachtsfest im Familienkreis gleiche. Und überhaupt, die Entscheidung für diesen Ort sei gut und richtig gewesen, schließlich sei hier alles auf „ausgesprochen hohem Niveau“. Darin waren sie sich dann auch mit den Belarussen einig, insbesondere was den Auftritt der „Zigeuner“ gegen 3.00 Uhr morgens betraf. Ein Feuerwerk hat offenbar niemand außer uns vermisst.
Stichwort Zeit: Aufgrund der Zeitzonen sowie unterschiedlicher Auffassungen zur halbjährlichen Zeitumstellung hatten wir das Vergnügen, viermal auf den Jahreswechsel anzustoßen. Nachdem die Feierlichkeiten überhaupt erst um 22.00 Uhr begonnen hatten, waren als erstes die Russen dran – wer sonst. Kurz vor 23.00 Uhr Minsker Ortszeit übermittelte Präsident Medwedew seine guten Wünsche für das kommende Jahr, und spätestens nach den würdevollen Klängen der Nationalhymne und dem ersten Erheben der Gläser wurde deutlich, wer die Russen unter uns waren. Nach einer nur kurzen Verschnaufpause waren dann die Belarussen dran, nur dass hier die Ansprache des Präsidenten wesentlich länger dauerte, dafür aber niemand mehr der Nationalhymne lauschte. Die anwesenden Litauer und Ukrainer beschränkten sich sodann eine Stunde später auf das Anstoßen und verstärktes Tanzen, um dann mit allen anderen gemeinsam um 2.00 Uhr Ortszeit die letzte Gelegenheit zu ergreifen, endlich auch die Deutschen und die Polen ins neue Jahr zu begleiten. Erst jetzt meldeten sich ebenfalls anwesende Österreicher zu Wort, um den Neujahrsgruß in einer weiteren Fremdsprache zu Gehör zu bringen. Abschließend gratulierte der Animateur allen Nationen und ihren Metropolen zum neuen Jahr, konnte sich aber nicht mehr an die Hauptstadt von Österreich erinnern.
Gegen 6.00 Uhr waren wir zu Hause, nicht ohne dass uns der noch einzig verfügbare Taxifahrer die vierfache Summe des Normalpreises abgenommen hatte. Es war ein ebenso schöner wie wunderlicher Abend, aus dem nicht nur die deutsch-polnische Freundschaft gestärkt hervorgeht, sondern auch die aller Mitteleuropäer.

Im Dschungel der Förderung von NS-Opfern

Ein Besuch bei der Internationalen Vereinigung „Verständigung“ hat mich kürzlich ebenso beeindruckt wie verwirrt. Beeindruckt, weil die neun Mitarbeiter sich mit wirklich bemerkenswertem Engagement für die Betreuung und Versorgung von NS-Opfern hier in Belarus einsetzen – und dies, nachdem die Zahlungen aus dem Zwangsarbeiterfond der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ (EVZ) schon lange abgeschlossen sind. Und hier fing auch die Verwirrung an, denn der offizielle Partner für die Auszahlung der Entschädigungszahlungen der Stiftung EVZ in Belarus, so dachte ich immer, war die Stiftung „Verständigung und Versöhnung“ – nicht die Vereinigung „Verständigung“.

Offenbar ist es wie folgt: In der Tat war die Stiftung „Verständigung und Versöhnung“ der offizielle Partner der Stiftung EVZ für die Auszahlungen. Aufgrund der zwischenstaatlichen Vereinbarung kooperierten damit zwei staatliche Einrichtungen. Seit 2007 die Zahlungen abgeschlossen waren und aus den Restmitteln weiterhin Projekte für die Opfer realisiert und finanziert wurden, gibt es nun einen Spielraum für weitere Initiativen in diesem Feld, die um das verfügbare Geld konkurrieren. Ein Teil der Mitarbeiter der Stiftung „Verständigung und Versöhnung“ haben daraufhin 2008 die (nicht-staatliche) zunächst städtische, später internationale Vereinigung „Verständigung“ gegründet. Daneben existieren das Internationale Begegnungszentrum IBB Minsk, das sich mit der Geschichtswerkstatt um ehemalige Opfer des Nationalsozialismus kümmert, sowie eine nicht unbeträchtliche Zahl weiterer, kleiner Vereinigungen und Initiativen.

Während die Stiftung „Verständigung und Versöhnung“, die es bis heute gibt, sich überwiegend der medizinischen Versorgung der Opfer widmet (u.a. gefördert durch die Stiftung „Erinnerung und Zukunft“, die wiederum ein Teil der Stiftung EVZ ist), sind die Schwerpunkte der Vereinigung „Verständigung“ soziale Projekte und persönliche Betreuung der Opfer in Belarus und Estland. Dazu gehören Begegnungsprojekte ebenso wie Amtshilfe und Unterstützung im Alltag einschließlich Reparaturarbeiten etc. Eine Kooperation mit der Stiftung „Verständigung und Versöhnung“ gibt es aus verschiedenen Gründen nicht mehr, die Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt, die sich primär der historischen Aufarbeitung der Geschichte in Form von Gesprächsrunden und Publikationen verschrieben hat, dagegen findet regelmäßig statt. Das größte Programm unter dem Dach der Vereinigung „Verständigung“ ist der „Treffpunkt Dialog“, Teil des Förderprogramms der Stiftung EVZ für Belarus, Russland und die Ukraine.

Die Vielfalt der Initiativen hier in Belarus, aber auch die anhaltende Finanzierung aus Deutschland hat mir imponiert, zumal sich daraus wohl zunehmend Projekte aus belarussischer Eigeninitiative im Bereich der bisher eher vernachlässigten Seniorenprogramme und -angebote entwickeln, wie mir die Leiterin der Vereinigung „Verständigung“ erzählte. Ehrlich gesagt, bin ich noch nicht mal ganz sicher, ob ich alle Zusammenhänge und Strukturen richtig verstanden habe. Es ist schon fast wie bei den Initiativen zu Tschernobyl – es ist schwer, den Überblick zu behalten. Genau deshalb aber macht mich diese beeindruckend breite Palette der Unterstützung ehemaliger NS-Opfer auch ein bisschen nachdenklich. Wenn ich es nicht besser wüsste aus meinen Erfahrungen hier in Belarus, dann würde ich sagen, ein bisschen Zentralismus kann manchmal auch nicht schaden.

11.11.2011 – Erinnerung an den Ersten Weltkrieg

Mitglieder einer Re-Enactment-Gruppe in Uniformen deutscher Soldaten des Ersten Weltkrieges.

Ein neuer Wind weht, was die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg betrifft. Ich hatte an dieser Stelle schon berichtet, dass in diesem Jahr der Friedhof im nördlichen Stadtzentrum für Gefallene bzw. im Krankenhaus verstorbene Soldaten wieder hergestellt wurde. Damit ist dieser wohl der einzige Friedhof des Ersten Weltkrieges im GUS-Raum, der so aufwändig und gezielt als Erinnerungsort angelegt wurde.

Dort fand nun am 11.11., dem Gedenktag an das Ende des Großen Krieges, unter dem Motto „Tag der Versöhnung“ (dreispachig in russisch, deutsch und englisch!) eine Gedenkfeier statt. Schon einmal hatte es 2008 eine Gedenkfeier am 11.11. in Baranoviči gegeben, die jedoch bei weitem nicht so aufwändig gestaltet war.

Einer kurzen Andacht von Geistlichen mehrerer Konfessionen in der kleinen Kapelle folgten Reden des belarussischen Informationsministers, des ungarischen (!) Botschafters sowie des Verteidigungsattachés der Russischen Föderation. Der deutsche Botschafter legte einen Kranz nieder, Vertreter russischer Kosakenverbände und verschiedene Einzelpersonen legten Blumen nieder. Die Zeremonie wurde durch die Anwesenheit von Vertretern einer Reenactment-Gruppe in deutschen und russischen Weltkriegsuniformen eingerahmt und mit Salutschüssen und einer Militärkapelle begleitet.

Im Anschluss fand ein Austausch von Meinungen zur Erinnerung an den Weltkrieg in der „Mitso“-Universität statt. Angekündigt war eine Konferenz, allerdings handelte es sich eher um eine Veranstaltung im Gedenken an die Soldaten des Krieges, die ebenso übrigens wie die Soldaten des „Großen Vaterländischen Krieges“ für Ihre Heimat gestorben seien. Angekündigt wurde die Errichtung einer neuen Gedenkstätte, die zum 100. Jahrestag de Kriegesbeginn eingeweiht werden soll.

Auch eine bekannte Talk-Show widmete sich immerhin eine ganze Stunde dem Ersten Weltkrieg. Unter der Leitung des Moderators Vjacheslav Bondarenko, einem Schriftsteller und Journalisten, der sich durch mehrere Publikationen zum Ersten Weltkrieg insbesondere in Belarus, hervorgetan hat („Vergessene Schlachten des Russischen Imperiums in Belarus“, 2010), befragte Historiker, Hobbyforscher, Militärvertreter und ausländische Militärattachés. Die Sendung war am 14.11.2011 auf ONT zu sehen.

Den Abschluss des Tages bildete ein Empfang des Verteidigungsministeriums, der in zahlreichen Toasts die Versöhnung zum 93. Jahrestag des Krieges besiegelte.

Greifbare Geschichte im Historischen Museum

Foto: http://en.belapan.com/archive/2011/10/26/en_media_vitaut/

Die Rekonstruktionen zweier historischer Figuren sind seit dem 24. Oktober im Nationalen Historischen Museum zu sehen: Großfürst Vytautas und der polnische König Jagiello. Die Figuren sind lebensgroß und wurden nach Abbildungen in historischen Quellen hergestellt. In Gesichtszügen und Kleidung, so das Museum, entsprechen sie dem historischen Vorbild möglichst nah. Genaueres ist hier nachzulesen.

Beide Figuren sind zentrale Persönlichkeiten der nationalen Geschichte, so der Direktor des Museums bei der Eröffnung. Unter Vytautas (1350-1430) gelangte der litauisch-polnisch-weißrussische Staat zu seiner größten Macht und Ausdehnung. Zusammen mit dem polnischen König Jagiello (1348?-1434) befehligte er die Armee in der Schlacht von Tannenberg (hierzulande „Grünwald“) 1410, in der der Deutsche Orden eine schwere Niederlage gegen das Großfürstentum Litauen und das Königreich Polen erlitt.

Beide Figuren sollen demnächst im Zentrum einer Sonderausstellung stehen.

Die Herstellung und Präsentation der Figuren ist übrigens nicht etwa der belarussischen Regierung, sondern Japan Tobacco International (JTI) zu verdanken. Das japanische Tabakunternehmen hat auch die neue Website des Museums, jetzt auf russisch und belarussisch, ermöglicht. Hier ein Video der Enthüllung der Figuren am 24. Oktober:

http://en.belapan.com/archive/2011/10/26/en_media_vitaut/ (Foto und Video)

Kurapaty

Traditionsgemäß fand am 30. Oktober wieder eine Versammlung zum Gedenken an die in den 30er Jahren bis zu 200.000 in Kurapaty bei Minsk ums Leben gekommenen Opfer des Stalinschen Terrors statt (BelaPan 30.10.2011). Anlass war der Dzyady-Feiertag, der am 2.11. begangen wird. Im belarussischen Volkskalender ist der ursprünglich als „Tag der Erinnerung an die Vorfahren“ bekannte Gedenktag zum Gedenktag aller Opfer politischer Repressionen geworden, wie übrigens in Russland auch.

Von der Konservativen Christlichen Partei initiiert, war der Marsch dieses Mal von den Behörden genehmigt. Die verbotene weiß-rote Nationalflagge war ebenso zu sehen wie Banner oppositioneller Gruppen mit den Aufschriften „Lasst uns an die Opfer von Kurapaty erinnern!“. Die Erinnerung an die historischen Ereignisse wurde verbunden mit politischen Forderungen nach der Freilassung der politischen Gefangenen und der kritischen Analyse der Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010.

Das Gedenken und die Reden in Kurapaty  selbst riefen zur Erinnerung an die nationale Vergangenheit Belarus’ in der Tradition des Großfürstentums Litauen auf. Die Rückbesinnung auf die eigene Geschichte und ihre Symbole, wie die weiß-rote Fahne, seien sehr wichtig für das nationale Selbstbewusstsein von Belarus. Dazu gehöre auch die Erinnerung an den Stalinschen Terror, an den die nunmehr fast 1.000 Kreuze in Kurapaty  gemahnten.

Zur näheren Information siehe: Temper, Elena (2008): „Konflikte um Kurapaty. Geteilte Erinnerung im postsowjetischen Belarus“, in: Osteuropa 6, S. 253-266.

Institut für Deutschlandstudien jetzt an der BGU

Das Institut wurde 1998 auf Initiative der Deutschen Botschaft in Minsk gegründet und war zunächst an der Europäischen Humanistischen Universität angesiedelt. Diese wurde 2004 verboten und zog nach Vilnius um. Das Institut blieb in Minsk und war seit März 2005 Teil des Center for International Studies (CfIS). Seit dem 5. Oktober befindet es sich nun an der Staatlichen Universität.

Das Institut fördert die Verbreitung der deutschen Sprache in Belarus, bietet Informationen über Deutschland und  verschiedene Studienangebote an. Innerhalb der BGU soll es die Kooperation mit wissenschaftlichen, pädagogischen und touristischen Einrichtungen in Deutschland fördern und gemeinsame Forschungsprojekte auf den Weg bringen. Außerdem ist dem Institut ein Lektor der Robert Bosch Stiftung angegliedert.

Zusammen mit dem Goethe-Institut und dem IBB ist dies die dritte prominente deutsche Einrichtung in Minsk. Das anhaltende Interesse – für die Kurse am GI gibt es sogar eine Warteliste – belegt, dass sich der aktuell negative politische Kurs gegenüber Deutschland nicht bis in die Gesellschaft durchsetzt. Nach wie vor ist Deutschland ein geschätzter Partner, das persönliche Verhältnis auf der Arbeitsebene in der Regel freundschaftlich und kollegial.

 Meldungen zur Eröffnung des Instituts an der BGU (12.10.2011):

http://www.ont.by/news/our_news/0070397

http://naviny.by/rubrics/germany/2011/10/04/ic_news_625_377741/

Ein Museum des ganzes Landes

http://news.tut.by/culture/253266.html (12.10.2011)

Wieder mal muss die Bevölkerung ran, dieses Mal bei der Finanzierung des neuen Gebäudes des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges. Zwei Etagen sind schon gebaut, die Eröffnung ist für 2013 geplant. Nun kann sich die Regierung die Finanzierung wegen der Wirtschaftskrise wohl nicht mehr in vollem Umfang leisten, aufgrund der ideologischen Bedeutung des Vorhabens kann es aber auch nicht gestrichen werden. Also setzt man verstärkt auf die Spendenbereitschaft der Belarussen. Ein öffentliches Konto gibt es schon seit Jahren. Nur leider haben sich da bisher nur 400 Mio. Rubel, also 52.000 € eingefunden. Insgesamt sind die Kosten allein für den Bau mit 160-170 Milliarden Rubel (ca. 22 Mio. €) veranschlagt. Eigentlich eine vergleichsweise kleine Summe für ein großes, modernes Museumsgebäude, wie man gerade in diesen Tagen im Vergleich zum Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden, das am Freitag eröffnet wird, feststellen kann. Hier waren es über 60 Mio. (allerdings mit Innenausbau).

http://news.tut.by/culture/253266.html (12.10.2011)

Wieder mal gibt es also eine Fernsehkampagne, die auf das „Gemüt der Weltkriegserinnerung drückt“ (so TUT.BY) und Geld für das Museum generieren soll. Bereits ein Teil der Erlöse des Subbotniks, des zwangsweisen Arbeitssamstags in diesem Frühjahr, wurde für das Museum abgezweigt. Die erneute Initiative, für das Museum Geld zu sammeln, wird daher eher missmutig von den Medien aufgenommen. TUT.BY schreibt, ähnlich bei damals bei der Nationalbibliothek, nähmen die Aufrufe zu Spenden der gesamten Bevölkerung schon einen „zwanghaften Charakter“ an.

Das jetzige Gebäude des Museums aus dem Jahren 1964 wurde übrigens aus der Liste der zu schützenden Gebäude gestrichen, weil dort ein Hotel anlässlich der Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 entstehen soll. Ein Teil der Finanzierung des neuen Gebäudes, so heißt es aus Museumskreisen, kommt aus Mitteln, die die Hotelkette Kempinksi zahlen muss, um an diesem Platz bauen zu können.

„Wer ihm als Deutscher gegenübertritt, wird von seiner großherzigen Bereitschaft zur Versöhnung dankbar berührt“

So schreibt Dr. Christof Weil, der deutsche Botschafter, über Leonid Mendeleevič Levin und beschreibt damit, wie ich finde, dessen Persönlichkeit sehr treffend. Lewin ist ein in Belarus und über die Landesgrenzen hinaus bekannter Architekt und eine Schlüsselfigur für die Versöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Belarussen. In diesem Jahr ist er 75 Jahre alt geworden – Anlass zur Publikation einer zweisprachigen Fotobroschüre (Leonid Lewin Architekt. Erlebtes erleben, hg. bzw. finanziert von der Deutschen Botschaft und dem IBB Dortmund und Minsk , Minsk 2011), aus der das oben genannte Zitat stammt. Sie stellt die von ihm (und weiteren Architekten) gestalteten Gedenkstätten in Belarus, der Ukraine, Polen und anderen Ländern vor und ehrt ihn als Leninpreisträger, mehrfach mit staatlichen Preisen Belarus’ Ausgezeichneten sowie Träger des Bundesverdienstkreuzes. Ebenfalls aus Anlass seines Geburtstages wurde am 20. September eine Ausstellung in der Geschichtswerkstatt eröffnet.

Leodnid Lewin und Galina Lewina im Juli 2011 in der Geschichtswerkstatt

Sein wohl bekanntestes Werk ist die Gedenkstätte in Chatyn (1969 eröffnet). Lewin ist noch immer aktiv und realisiert weiterhin Projekte, u.a. mit seiner Tochter Galina Lewina, ebenfalls Architektin. Seit 1991 ist er Vorsitzender des Verbandes der jüdischen Gemeinden und Organisationen in Belarus.

Ausführlich zu seinem Werk: http://www.ibb-d.de/fileadmin/user_upload/pdf/Studientag-Vortrag_Sahm.pdf

Zeitgenössische Kunst in der Galerie Ȳ

Die gestrige Eröffnung der Ausstellung „Wie in einem schrecklichen Märchen“ möchte ich nutzen, um endlich über die einzige unabhängige Galerie für zeitgenössische Kunst zu berichten. Leicht versteckt in einem typischen Minsker Hinterhof, bildet die 120 m² große, 2009 gegründete Galerie den Mittelpunkt einer Reihe von Geschäften und Einrichtungen der alternativen Jugend- und Kunstszene. Dies war gestern Abend wieder mal eindrucksvoll zu erleben: Eine erfrischend schräge Mischung aus jungen und ganz jungen Leuten, vielen Künstlern und Literaten, aber auch „ganz normaler“ mittelalter Besucher und einigen Ausländern. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand zunächst die Eröffnung der Ausstellung des Künstlers Michail Senk’kov, der eine Reihe von Gemälden und Graphiken in seiner ersten Einzelausstellung präsentierte. Eindrucksvoll in ihrer Wirkung und technisch präzise in der Ausführung sind seine Werke Ausdruck für die inneren Konflikte, Ängste und Träume des Künstlers. Verstärkt wurde die zugleich beklemmende wie inspirierende Atmosphäre durch den Auftritt von Schauspielern des Freien Theaters, die in eindrucksvollen Kostümen die Fantasie der Märchenwelt in die Galerieräume trugen.

Draußen vor der Tür wurde alsbald ein Feuer in einer alten Tonne entzündet – endlich mal wieder ein Gefühl wie in Berlin-Kreuzberg – und die Gespräche bei einem Glas Wein, einer Flasche Bier und einer Zigarette fortgesetzt. Der Galerieshop (mit seinem in Minsk einzigartig originellen Angebot), das Designer-Büro direkt neben der Galerie, war ebenso geöffnet wie das Café Malako, das sich auf wohltuende Weise von den sonst entweder teuren und schicken, provisorisch in einem Zelt untergebrachten oder standarisierten Cafés in Minsk unterschiedet. Allein die Buchhandlung des Verlags Loginoȳ mit ihrem reichen Angebot an belarussischer (Naša Niva, PARTisan, Arche etc.) sowie nicht überall zu habender russischsprachiger Literatur war nicht mehr geöffnet.

Das Programm der Galerie kommt bereits in ihrem Namen zum Ausdruck, dem Buchstaben ȳ, den es nur im belarussischen Alphabet gibt. Dies verweist auf den Programmschwerpunkt der Galerie: belarussische Künstler sowie solche, die mit ihrem Werk in Beziehung zu Belarus stehen. Galina Kisiljova, eine der beiden Direktorinnen, ist selbst zugezogen, nicht mit belarussisch als Muttersprache aufgewachsen und spricht zur Eröffnung auch russisch. Dafür die ist Internetseite der Galerie nur auf belarussisch, für eine englische Variante hat bisher das Geld nicht gereicht. Überhaupt ist das der wunde Punkt: Die Galerie ist im wesentlichen auf Eigenmittel angewiesen, Sponsoren finden sich nur selten und das System der Spenden oder eines Freundeskreises ist in Belarus bisher nicht sehr verbreitet. Staatliche Unterstützung gibt es keine, dafür zwischendurch eine Projektförderung durch den German Marshall-Fund oder das Goethe-Institut im Rahmen des Programms für Kulturmanager. Insgesamt vier Personen arbeiten in der Galerie, die neben dem Ausstellungsraum über ein winziges Büro und einen Lagerraum verfügt. Von Anfang an hat das Projekt Resonanz in internationalen Künstlerkreisen gefunden, der sich mit den Jahren stetig erweitert. Leider ist es nur selten möglich, die zum Verkauf stehenden Arbeiten der Künstler in einem Katalog zu veröffentlichen. Ernsthafte Probleme mit „den Behörden“ gab es bisher nicht, wenngleich die Arbeit schwierig bleibt. Doch das Engagement lohnt sich, die Galerie ist ohne Zweifel ein besonderer Ort in Minsk.

Interview mit den beiden Leiterinnen: http://news.tut.by/146438.html

Weiteres zur zeitgenössischen Kunst in Belarus: www.art-belarus.com

Institut für Belarussische Kultur

Hierbei handelt es sich um die erste belarussische Kultureinrichtung, gegründet in den 20er Jahren des 20. Jh. in einer Zeit, als die belarussischen Gebiete im Westen zu Polen, im Osten zur Belarussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR) gehörten. Während sich in Polen aus unterschiedlichen Gründen keine eigene weißrussische Bewegung entwickelte, treib die Sowjetunion nach der Teilung der weißrussischen Gebiete durch den Friedensvertrag von Riga 1921 in ihrem Landesteil zunächst eine „Weißrussifizierung“ voran. In diesem Zusammenhang kam es zur Gründung des Instituts in Minsk, das von 1922 bis 1928 Bestand hatte. Zu seinen Aufgaben gehörte die Forschung in den Bereichen Geschichte, Archäologie, Linguistik, Literaturwissenschaft und Ethnographie.

1928 wurde das Institut aufgelöst und bildete eine der Grundsteine für die in diesem Jahr gegründete Akademie der Wissenschaften. Die Abwicklung des Instituts ist im Zusammenhang mit der zunehmenden Einschränkung einer eigenständigen belarussischen Nationalbewegung zugunsten einer zunehmenden Ideologisierung des gesamten Kulturbereichs zu sehen.

Zwischen 1991 und 2008 wurde es unter dem Namen „Institut für die Probleme der Kultur“ erneut ins Leben gerufen. 2008 schließlich wurde es unter dem alten Namen Teil der Belarussischen Staatlichen Universität für Kultur. Sein Aufgabenspektrum hat sich damit erheblich erweitert: Neben aus- und Weiterbildung im Kulturbereich (auch für Museen), ist die Einrichtung zuständig für Fragen des materiellen und immateriellen Kulturerbes, wissenschaftliche Fragen der Kulturgüterrückführung sowie wissenschaftliche Forschung in allen Bereichen der Kultur.

International Women’s Club (IWC)

Ein aktueller Anlass gibt mir die Gelegenheit, ein Wort über den Internationalen Frauenclub zu verlieren. Auch in Minsk unterhält diese weltweite Charity-Organisation seit 20 Jahren eine Abteilung und bietet damit den Begleiterinnen (bis dato so gut wie alles Damen) aller Expats (bis dato so gut wie alles Männer) einen Raum für gemeinsame Unternehmungen. Angesprochen sind also die Ehefrauen der Botschaftsangehörigen, ebenso wie der Wirtschaftsvertreter oder der Angestellten von internationalen Organisationen.

Leider fehlt mir der Vergleich aus anderen Ländern, da ich mich ja zum ersten Mal in dieser Rolle befinde. Aber im Vergleich zu dem, was ich vom Hören-Sagen weiß, ist die Minsker Abteilung zum einen eher klein, zum anderen deutlich „ostlastig“. Damit meine ich die Damen aus, ich hätte fast gesagt, den Schurkenstaaten, also Syrien, Venezuela, China, Kazachstan, Polen, Ukraine, Russland, Jordanien, Baltikum etc. Selten trifft man Damen aus der westlichen Hemisphäre, wie kürzlich aus Italien oder Belgien. Einerseits verwundert dieser Befund, da die „klassischen“ Botschaften (fast) alle auch in Belarus vertreten sind. Richtig ist aber auch, dass viele dieser Botschaften, z.B. USA oder Großbritannien, mit vergleichsweise wenig Personal im Lande sind (die USA haben bekanntlich keinen Botschafter in Belarus). Hinzu kommt, dass die lingua franca in der diplomatic community hier eindeutig russisch ist, ein englischsprachiges Gesellschaftsleben also praktisch nicht stattfindet. Zwar werden die Sitzungen des IWC auf russisch und englisch abgehalten, allerdings ist die allgemeine Umgangssprache untereinander und bei Veranstaltungen in der Regel russisch.

Charity-Veranstaltung im Juli 2011 mit Präsentation des Kochbuchs.

Den eigentlichen Zweck des IWC, nämlich das Sammeln von Geldern für wohltätige Zwecke, erfüllt der Club auf eindrucksvolle Weise (im letzten Jahr kamen 52.000 $ zusammen). Veranstaltungen wie das jährlich stattfindende Charity-Dinner, der Weihnachtsbasar oder jüngst die Publikation eines internationalen Kochbuchs kommen zahlreichen sozialen Einrichtungen wie Kinder- und Altenheimen zu gute. Einen Eindruck vermittelt der TV-Bericht, der die letzte Veranstaltung am 22. September  dokumentiert.

Vorsitzende des Minsker Clubs ist übrigens derzeit die Gattin des iranischen Botschafters. Eine eigene Website hat der Club nicht.

Minsk-Forum 2011 fällt aus

Das von der Deutsch-belarussischen Gesellschaft sowie weiteren Partnern initiierte Minsk-Forum fällt in diesem Jahr aus. Zur Begründung weist der Vorsitzende der Gesellschaft, Rainer Lindner, in der Minsk Forum_2011 (Link) der Gesellschaft auf die angespannte politische Lage in Belarus seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 hin.

Das Minsk-Forum bietet seit 1997 einen Raum für den Austausch zwischen Regierungsvertretern aus Belarus, Deutschland und weiteren EU-Ländern sowie Vertretern der Zivilgesellschaft aus Belarus und Deutschland. Zum Vorbild diente der Petersburger Dialog des Deutsch-Russische Forums, dessen politische Bedeutung bisher jedoch nicht erreicht wurde.

Im Mittelpunkt standen bisher Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Politik. Fragen aus Kultur und Bildung wurden in deutlich geringerem Umfang behandelt – ein Befund, der aus meiner Sicht die Breitenwirkung des Forums einschränkt und für die Zukunft mit in die Planungen einbezogen werden sollte.

Nadezhda Trojan gestorben

Am 7. September verstarb eine der drei Partisaninnen, die am 23.9.1943 das tödliche Attentat auf Wilhelm Kube, den Generalkommissar für den Generalbezirk Weißruthenien, in Minsk verübt hatten. Die Meldung des Todes der in der BSSR geborenen und mehrfach mit hohen Orden der Sowjetunion ausgezeichneten Trojan in Moskau im Alter von 90er Jahren wurde hier in Minsk und Belarus von vielen Medien aufgegriffen.

Trojan war während des Krieges in mehreren Partisanenbrigaden auf dem Gebiet der BSSR aktiv und arbeitete als Krankenschwester und Agentin. Zu ihren spektakulärsten Erfolgen im Kampf gegen die Besatzer gehörte das Attentat auf Kube. Dieser war am 23.9.1943 durch eine Bombe zu Tode gekommen, die unter seinem Bett versteckt worden war. Weitere Beteiligte waren Elena Mazanik und Marija Osipova, die ebenso wie Trojan mit dem höchsten Orden der UdSSR, „Held der Sowjetunion“, ausgezeichnet worden waren.

Nach dem Krieg wurde Trojan Ärztin, Dozentin an verschiedenen Universitäten und Vizepräsidentin des Internationalen Roten Kreuzes. Sie war aktiv im Verband der Veteranen und anderen gesellschaftlichen Organisationen engagiert.

Die Geschichte des Attentats auf Kube wird in einer gesonderten Ausstellungseinheit im „Museum des Großen Vaterländischen Krieges“ behandelt (siehe Foto). Hier stehen weniger Trojan als Osipova und Mazanik im Vordergrund. Ausgestellt ist u.a. ein an letztere gerichteter Brief der Ehefrau Kubes, Anita Kube, vom 23.9.1992, dem Jahrestag des Attentats.

Kriegserinnerung

Foto: http://gwminsk.com/public/page_photos/vis52.JPG

In der letzten Woche haben wir uns zu einem, wie ich finde, ebenso außergewöhnlichen wie persönlichen Gespräch in der Geschichtswerkstatt getroffen. Über Sprach- und Generationsgrenzen hinweg hatten wir die Gelegenheit zu einem Austausch mit dem bekannten, jüngst 75 gewordenen und mehrfach ausgezeichneten Architekten Leonid Lewin und seiner Tochter Galina Lewina, ebenfalls Architektin. In den Räumen der Geschichtswerkstatt, in der gerade eine Ausstellung ihrer Zeichnungen gezeigt wird, las sie aus ihren Gedichten. Diese sind auf russisch, deutsch und englisch erschienen und geben Einblicke in ihre Reisen der letzten Jahre.

Reisen, real, mental und emotional, war auch eines unserer Themen –  neben der Erinnerung an den Krieg und seine Folgen. Dabei ging es sowohl um Formen gesellschaftlicher Erinnerung, in Belarus entscheidend geprägt durch die von Lewin mit gestaltete Gedenkstätte in Chatyn, als auch um die wissenschaftliche Aufarbeitung, z.B. durch die Forschung von Natalja Kirillova (der ehemaligen Direktorin der Gedenkstätte in Chatyn) und Vjacheslav Selemenev (dem ehemaligen Direktor des Nationalarchivs Belarus) zu den verbrannten Dörfern, und das individuelle Gedenken in den Familien.

Blog zu Minsk und Minsker Geschichte

Neulich stieß ich auf einen mir bisher nicht bekannten Blog zu Minsk und Umgebung. Immer ausgehend von einem Foto finden sich hier viele Hinweise auf historische Spuren in der Stadt und der Minsker Region. Zusammen mit den kurzen texten und Kommentaren der Leser lässt sich viel Neues entdecken. Ein Schwerpunkt der Einträge liegt auf dem Thema Architektur.