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Denkmal für Kalinowski in Minsk?

Foto: http://virtual.brest.by/news19568.php

An ihm scheiden sich die Geister der nationalen Erinnerung, es geht schon los mit der Schreibweise. Kastus Kalinouski oder Konstantin Kalinowski … Gemeint ist der polnische Adlige und führende Kopf der belarussischen Nationalbewegung im 19. Jh. 1863/64 war er der Anführer des Aufstandes im Gebiet des früheren Großfürstentums Litauen gegen die Russen.

Und da fangen auch schon die Probleme an. Die einen wollen ihm ein Denkmal für die belarussische Identität setzen, die anderen wollen dies aus eben diesem Grund nicht. Nun hat die (oppostionelle) Jugendorganisation Alternatyva Unterschriften für ein solches Denkmal gesammelt (BelaPan 15.4.2013). Die Aktion läuft noch bis zum Sommer und die Initiaroren gehen von einer gropßen Zustimmung aus. Beteilitgt haben sich auch Persönlichkeiten wie Uladzimir Padhol, Uladzimir Arlow, Nina Bahinskaya, Syarhey Sys, Anastasiya Dashkevich (Palazhanka), and Andrey Dzmitryyew.

Die Petition soll sodann dem zustänidgen Behörden, darunter das Minsker Exekutivkomitee und das Kulturministerium, übergeben werden. Auf eine Absage aufgrund fehlenden Geldes ist Alternatyva vorbereitet und selbst bereit, eine Sponsorenkampagne zu starten. Doch auch wenn der Antrag vollstänidg abgelehnt werden sollte, so ein Sprecher von Alternatyva, ist die Kampagne schon deshalb sinnvoll, weil viele Menschen davon erfahren. Vor Jahren war eine ähnliche Initiative gescheitert, die eine Straße in Minsk nach Vassilij Bykov benennen sollte. Dies wurde abgelehnt, hat aber viele Einwohner von Minsk überhaupt dazu gebracht, über die Frage nachzudenken, waum die Behörden das verweigert haben.

Das sowjetische Minsk

Foto: http://www.spiegel.de/fotostrecke/widerstand-in-weissrussland-schule-im-untergrund-fotostrecke-92495.html

Im November 2012 veröffentlichte das Stadtmagazin WHERE MINSK eine Übersicht über die noch heute nach kommunistischen Führern oder entsprechenden historischen Ereignissen benannten Orte in Minsk. Demnach gibt es noch ganze 16 Lenindenkmale in Minsk, 40 Straßen sind nach Lenin, Marx, der Pariser Kommune und anderen kommunistischen Helden(-taten) benannt, 3 Firmen bzw. Geschäfte führen die Namen „Kommintern“, „Kommunarka“ und „Roter Lebensmittelverkäufer“ [sic!], 4 Durchhalteparolen an der Metro Oktrjabrskaja sind noch immer in Stein gemeißelt zu bewundern und 4 Zeitungen heißen „Roter Oktober“, „Oktoberweg“, „Licht des Oktober“ und „Flagge des Oktober“. Straßen mit religiösen Namen und Bezeichnungen gibt es dagegen keine einzige, nachdem die „Lutherstraße“ 1966 umbenannt wurde.

Auch wenn viele Betrachter von außen diese Seite der Vergangenheit deutlich in Politik und Gesellschaft auszumachen meinen, so spielt sie für die belarussischen Marketing- und Tourismusexperten keine Rolle. Für die Marke Minsk, über die sich derzeit alle hier den Kopf zerbrechen, gelten andere Bezugspunkte. Beauftragt mit der Markenbildung wurde ausgerechnet eine britische Firma, die bereits Ergebnisse vorgelegt hat. Folgt man dem Reiseführer Lonely Planet, so hätte man durchaus auch den Kommunismus zur Markenbildung heranziehen können: Seine Autoren bezeichnen die Stadt als „Kommunismus mit Cappuchinogeschmack“, wie MINSK WHERE treffend zitiert.

Ein Denkmal für den Ersten Weltkrieg in Belarus

Foto: http://ais.by/story/891

Schon seit vielen Jahren planen der Bildhauer Vladimir Slobodchikov und der Kulturwissenschaftler Igor Morozov ein Denkmal zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Belarus. Es soll an einem der ehemaligen Kriegsschauplätze auf einer Anhöhe am „Kreuzungspunkt der Meridiane“ von weit her zu sehen sein, eine kugelförmige, begehbare Skulptur von 9m Durchmesser. Die Meridiane von Ost nach West und Nord nach Süd weisen auf Belarus als ein Zentrum heftiger Kämpfe in diesem Krieg hin. Die Kugel zeigt bei nährerer Betrachtung Reliefs deutscher und russischer Soldaten, von Gasangriffen und den Leiden der Zivilbevölkerung. Im Innern der Kugel soll die Skulptur einer Mutter mit ihrem Neugeborenen die Hoffnung auf den Frieden und Neuanfang darstellen.

Mit diesem, im Detail vielleicht überladenen, aber durchdachten Konzept ist dieser Denkmalsentwurf eine Ausnahme in der Skulpturenlandschaft von Belarus. So verwundert es auch nicht, dass der Entwurf kaum bekannt ist und wohl kaum Chancen auf Realisierung hat. Das wiederum hängt auch mit dem Thema des Ersten Weltkrieges zusammen. Einerseits ist er in den letzten Jahren wieder stärker in die offizielle und gesellschaftliche Erinnerung zurückgekehrt, insbesondere durch die Einweihung einer Kapelle auf einem Massengrab in Minsk. Von dem Historiker Anatolij Scharkow und Vjacheslav Selemenev stammt eine Broschüre mit dem Verzeichnis aller Soldatengräberanlagen zum Ersten Weltkrieg in Belarus, Vjacheslav Bondarenko stammt ein populärwissenschaftliches Werk zum Ersten Weltkrieg in Belarus und in privaten Händen findet sich eine eindrucksvolle Sammlung von Briefmarken und Postkarten zum Thema. Dennoch ist der Erste Weltkrieg, anders als der Große Vaterländische Krieg, nur durch wenige Denkmäler, Ausstellungen oder wissenschaftliche Bearbeitungen in der Öffentlichkeit wahrnehmbar.

Denkmäler für Minsk und Belarus

Neulich hat mich mein Kollege Vjacheslav Bondarenko mal wieder in eine seiner TV-Sendungen bei ONT „Offenes Format“ eingeladen. Es ging um Denkmäler. Mit gutem Willen kann man meine Kompetenz zu diesem Thema aus meinen kulturellen Interessen ableiten, mehr aber auch nicht. Und richtig: Vjacheslav bat mich ganz offen, an der Sendung teilzunehmen, um den belarussischen Gesprächspartnern zu demonstrieren, was eigentlich eine Talk-Show sei. Niemand begreife, dass es um einen schnellen und offensiven Meinungsaustausch handle, und nicht um eine gesittete Selbstdarstellung mit vorher abgesprochenen Texten. Auch dafür fühle ich mich eigentlich nicht kompetent, und schon gar nicht auf russisch, aber bitte, man hilft ja gerne. Kurz vorher wurde mir dann doch sehr mulmig, aber die erstaunlich vielen Rückmeldungen von Bekannten und Kollegen lassen vermuten, dass ich meine Aufgabe gemeistert habe. Apropos: Man wundert sich, wer diese Sendung alles guckt, angefangen von unserer Dezhurnaja über einige Nachbarn zu Hause bis hin zu meinen Kollegen aus der Uni.

Es sollte also um Denkmäler gehen – ganz allgemein: Für wen oder was werden sie aufgestellt? Wer hat die Initiative? Wer entscheidet darüber? Und wer bezahlt dafür? Letztlich ging es aber um den immer währenden belarussischen Diskurs: Woran wollen wir eigentlich erinnern? Hierzu gab es durchaus unterschiedliche Auffassungen bei meinen Gesprächspartnern, dem stellvertretenden Kulturminister, einem Bildhauer und dem Vertreter der russisch-freundlichen Organisation „Westbelarus“. Dieses Thema wiederum liegt mir viel näher und so habe ich mich so gut es eben ging engagiert und für eine offene und kontroverse Diskussion geworben.

Mir persönlich hat der Standpunkt von Michail Volodin gut gefallen, der seine kritischen Anmerkungen zum Denkmalswesen in Belarus im Studio vorgetragen hat mit der Kernthese, dass es so lange problematisch bleibt, wie allein der Staat darüber entscheidet. Ein sympathischer Standpunkt, der die ursprünglich gplanten Fragen zur Diskussion in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Planungen für Malyj Trostenec

Foto: http://www.my-minsk.ru/novosti-respubliki/7579-trostenec-kakim-budet-memorial-i-kak-belorusam-ne.html

Gleich im Anschluss an die Konferenz zu Chatyn fand am 23.3.2013 eine weitere „wissenschaftlich-praktische Konferenz“ in der IBB Minsk statt. Veranstaltet wurde sie von der IBB selbst sowie der Geschichtswerkstatt aus Anlass ihres 10-jährigen Bestehens. Thema waren die aktuellen Planungen für einen Gedenkort in Trostenec.

Kurz zur Erinnerung: Es handelt sich um das größte Vernichtungslager der Nationalsozialisten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Die Angaben zu den Opfern schwanken in deutschen und belarussischen Publikationen zwischen 50.000 und 206.500. Insgesamt geht es um drei historische Orte: Schaschkowa, wo ein Gedenkstein an die Verbrennung zahlreicher Opfer erinnert. Ein Friedhof in einiger Entfernung am Standort des ehemaligen Gutes Trostenec erinnert an die Mordaktionen kurz vor der Befreiung im Juli 1944. Schließlich der Wald von Blagowschtschina, in dem bis zu 150.000 Juden aus Belarus, Österreich und Deutschland ermordet wurden. Offiziell dient ein Obelisk als Erinnerungsort, dessen Standort aber mit dem historischen Geschehen nicht in Zusammenhang steht und auch keinen Aufschluss über die Ereignisse gibt.

Auf der Konferenz stellte erstmals die zuständige Architektin, Anna Aksenova, ihre im Auftrag der Stadt Minsk erarbeiteten Entwürfe vor. Ihre Gestaltungsideen beziehen sich auf zwei der insgesamt drei historischen Orte (ausgenommen ist die Blagowtschina) auf ca. 65 ha. Die von ihr vorgestellten Pläne lassen eine konservative Anlage mit ausgewiesenen Wegen vermuten, die sich nicht erkennbar auf diesen Ort bezieht oder ihn gar problematisiert. Positiv anzumerken ist, dass, sollte der Entwurf tatsächlich realisiert werden, die Stadt Minsk sich erstmals überhaupt mit diesem für das historische Gedenken so wichtigen Ort beschäftigt. Pessimistisch stimmt die bisher bereit gestellte Summe vom a. 100.000 €, die die kosten bei weitem nicht decken kann. Gerüchte besagen, dass die schon seit langem und immer wieder diskutierten Überlegungen zu Trostenec gerade jetzt wieder auf die Tagesordnung kommen, weil ursprünglich ein Besuch des israelischen Staatspräsidenten angesagt gewesen war. Kurzerhand hatte man die Blagowtschina mit einem Erdwall zugeschüttet, um den Ort unbegehbar zu machen. Nachdem der Staatsbesuch dann gar nicht stattgefunden hatte, wurde beschlossen, die Planungen nun voranzutreiben. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, allein diese Gerüchteküche zeigt aber, wie schwer sich das Land noch immer mit dem Gedenken an überwiegend jüdische Opfer tut.

Es ist daher auch ein positives Signal, dass die Stadt Minsk offenbar einem Vorschlag von deutscher Seite zugestimmt hat, die Planung der Stadt durch einen zusätzlichen Entwurf des Architekten Leonid Lewin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinden in Belarus, ergänzen zu lassen. Dahinter steht eine Initiative der IBB Dortmund, zusammen mit der österreichischen Bürgerinitiative der Aktivistin Waltraud Barton, speziell der jüdischen Opfer, die in der Blagowtschina ums Leben gekommen sind, zu gedenken. Über die Realisierung dieser Idee gibt es durchaus Differenzen zwischen der deutschen und österreichischen Seite. Immerhin konnte der österreichische Bundespräsident für ein Engagement seines Landes in Trostenec gewonnen werden, der deutsche Bundespräsident wurde um Unterstützung des Vorhabens gebeten.

Der Entwurf von Lewin ist sehr viel konkreter und unmittelbarer auf den ort bezogen als der der Stadt Minsk, er bleibt dem Stil dieses Architekten mit einer Verbildlichung der zu erinnernden Ereignisse treu und arbeitet mit stilisierten Waggons, umgestürzten jüdischen Symbolen und einer Gruppe von Koffern, die die Reise in den Tod symbolisieren sollen. Ob es zur Realisierung des Entwurfs kommen wird, hängt von vielen Faktoren ab, darunter der bisher völlig offenen Finanzierung und der Frage, ob es nicht doch einen internationalen Wettbewerb geben muss.

Sollten beide Entwürfe tatsächlich umgesetzt werden, so wäre zwar dieser historische Ort als sichtbarer Erinnerungsort markiert, würde aber die nach wie vor geteilte Erinnerung an „friedliche sowjetische Bürger“ und Juden offenbaren. Darüber hinaus ist bisher weder an ein Leitsystem in dem sehr weitläufigen  Gelände gedacht noch an Informationstafeln, die darüber aufklären würden, an was hier erinnert wird. Schließlich bleibt anzumerken, dass die Ereignisse in der Blagowtschina vor 1941, also die Nutzung des Ortes als Erschießungsstätte des NKWD, in den bisherigen Überlegungen überhaupt nicht vorkommt. Dies ist freilich ein sehr schwieriges Thema, insbesondere, wenne s von deutscher Seite angesprochen wird. Aus wissenschaftlicher Perspektive bzw. im Sinne der historischen Aufarbeitung darf darüber aber nicht hinweggegangen werden.

Fotos zu den einzelnen Gedenkorten finden sich hier.

Österreich und Belarus

Kürzlich stieß ich durch Zufall auf eine Publikation http://www.bmlv.gv.at/wissen-forschung/publikationen/publikation.php?id=439 des Österreichischen Bundesheers im Internet. Sie ist zwar schon älter (2008) und daher in einigen Beiträgen auch schon veraltet, enthält aber durchaus einige noch immer aktuelle Beobachtungen. Der Fundort (Verteidigungsministerium Österreich) ist insofern interessant, als kein Verteidigungsattaché aus Österreich in Minsk stationiert ist (Belarus wird von Moskau aus betreut). Ein deutscher Attaché ist zwar noch immer im Dienst, eine detaillierte Auseinandersetzung im deutschen Verteidigungsministerium mit dem Land und den aktuellen Problemen ist mir allerdings nicht bekannt.

Auch an anderer Stelle ist Österreich aktiv in Sachen Belarus: Ein privater Verein in Wien erinnert aktiv an die österreichischen Opfer, die im Vernichtungslager Malyj Trostenec ums Leben gekommen sind. Die Vorsitzende hat das Projekt in Minsk im November 2012 vorgestellt. Derzeit gibt es eine deutsch-österreichische Initiative und in Abstimmung mit den Minsker Behörden, die von höchster Ebene unterstützt wird, um ein gemeinsames Denkmal in Trostenec zu erreichten. Erste öffentliche Informationen dazu wird es bei einer Konferenz in der Geschichtswerkstatt am 23. März geben.

Gedenkstätte für die zerstörten Dörfer in Dalva

Unweit von Chatyn, der zentralen Gedenkstätte für die im Zweiten Weltkrieg zerstörten und verbrannten Dörfer in Belarus, befindet sich ein weiterer, kleinerer Gedenkort für die Dörfer. In dem ehemaligen, am 19.6.1944 zerstörten Dalva, gibt es ein Denkmal und ein kleines Museum.

Wie in Chatyn, zu dessen Verwaltung Dalva auch gehört, wurden auch hier die 44 Bewohner in eine Scheune gesperrt, die daraufhin abgebrannt wurde. Einer der Überlebenden initiierte die Gedenkstätte, die 1973 eröffnet wurde. Die Gestaltung der Gedenkstätte stammt von dem Bildhauer Vladimir Terebun. Insbesondere durch die angedeuteten Umrisse der ehemaligen Häuser erinnert die Konzeption stark an Chatyn, man könnte fast sagen, es handelt sich um ein Plagiat.

Das kleine Museum umfasst einen Raum und ist eher ein Gedenkraum, als eine Ausstellung. Auch hier gibt es keinerlei erklärenden Text, sondern nur eine Aneinanderreihung von Dokumenten, Fotos und Erinnerungsstücken, die im Einzelnen nicht erklärt werden. 

Streit um den Ruhmeshügel bei Minsk

Seit dem 20. März ist der Zutritt zu dem Gelände nur noch gegen ein Eintrittsgeld gestattet. Der Hügel, etwa 20 km von Minsk entfernt, befindet sich an der Stelle, an der sich 1944 die drei Armeekorps vereinigt haben, die Belarus von der nationalsozialistischen Besatzung befreit haben. Für die Anlage wurde Erde aus den Heldenstädten Moskau, Leningrad, Wolgograd, Sevastopol, Odessa, Kiew und aus der Brester Festung zusammengetragen, sie wurde 1969 eröffnet.

Das Eintrittsgeld beträgt 1.500 bis 3.000 Rubel (= 0,15 bis 0,30 ct.). Eingeführt hat es die Verwaltung der Gedenkstätte in Chatyn, zu der das Geländes des Ruhmeshügels seit einiger Zeit gehört, mit der Begründung, die Pflege der Anlage verursache erhebliche Kosten. Außer dem begehbaren Hügel selbst gibt es dort ein Café und Toiletten. Ein Museum oder Dokumentationszentrum ist nicht vorhanden. Zuvor war es eine Filiale des Museums der Geschichte des großen Vaterländischen Krieges. Er ist ein beliebtes Ziel für Touristengruppen.

Die Einführung des Eintrittsgeldes hat eine Debatte ausgelöst. Am vergangenen Montag (2. April) hat sich die Talkshow „Offenes Format“ von Vjacheslav Bondarenko mit dem Thema befasst.

Neugestaltung des historischen Ortes in Malyj Trostenec

Gedenkstein am historsichen Ort des Lagers.

Die seit 1994 anhaltenden Diskussionen um die Gestaltung des Gedenkortes in Malyj Trotenec kommen nun offenbar in eine neue Phase. Nachdem über Jahre entweder Architekten abgesprungen, das Geld ausgegangen oder gar nicht erst welches zur Verfügung gestellt wurde, kam es jetzt Anfang Februar zur Unterzeichnung eines Vertrags (3.2.2012) zur Neugestaltung der Anlage unter der Leitung der Architektin Anna Aksjonowa.

Malyj Trostenec war das größte Vernichtungslager, das von den Nationalsozialisten auf dem Gebiet der Sowjetunion errichtet wurde. Zu dem damals etwa 13 km von Minsk entfernten Lagerkomplex gehörten eine zu einem SS-Gut umgewandelte ehemalige Kolchose, in der meist jüdische Zwangsarbeiter eingesetzt waren, sowie die Erschießungsplätze bei Blagowschtschina und Schaschkowka. Hier wurden in den Kriegsjahren 1941–1944 belarussische und deportierte ausländische  Juden, Kriegsgefangene, Partisanen, Untergrundkämpfer, Einwohner von Minsk und den nahe gelegenen Städten erschossen oder vergast. Die Angaben zu den Opferzahlen schwanken zwischen 60.000 und über 200.000 Menschen. Weder das ehemalige Krematorium noch wirtschaftliche und administrative Gebäude des Lagers sind heute noch vorhanden.

Obelisk zur Erinnerung an die Soldaten der Roten Armee.

Der historische Ort des Lagers ist derzeit durch zwei kleine Gedenksteine aus den 60er Jahren markiert. Sie sind schwer zu finden und eine Information fehlt ganz. Nicht am ursprünglichen Ort des Lagers einige Kilometer entfernt steht ein Obelisk in einer gestalteten Gedenkanlage zur Erinnerung an den Sieg über den Nationalsozialismus und die gefallenen sowjetischen Soldaten ohne einen Hinweis auf das Vernichtungslager in Malyj Trostenec.

Sowohl die beiden Gedenksteine als auch die Anlage um den Obelisken sind in denkbar schlechtem Zustand. Um hier Abhilfe zu schaffen, ist folgendes geplant: Der historischen Wegführung zum Lager folgend soll der „Weg des Todes“ erhalten bleiben. Der zentrale Weg wird der „Weg der Erinnerung“ sein. An seinem Anfang soll eine Informationstafel über den historischen Ort informieren. Hinter dem Obelisken eröffnet sich sodann das „Beerdigungsfeld“, wohin die Asche der verbrannten Körper gestreut wurde. Auch hier sollen Informationstafeln aufgestellt werden. Ebenfalls in die Neugestaltung einbezogen wird der deutsche Friedhof, der sich dort befindet. Wann die Umgestaltung abgeschlossen sein soll, ist nicht bekannt.

Inschrift auf der Rückseite des Obelisken.

Bislang ist dieser historische Ort kaum Gegenstand der Forschung in Belarus gewesen, allenfalls in den Arbeiten der Geschichtswerkstatt, wenngleich Dokumente und Quellen zugänglich sowie die historischen Fakten bekannt sind.

Inschrift auf der Vorderseite des Obelisken.

Museum für Flugzeugtechnik

Foto: http://aircraft-museum.ucoz.ru/index/o_muzee/0-4

Nicht gerade mein Spezialgebiet, aber Museum ist eben Museum, also habe ich mir auch dieses angesehen. Das erste Museum dieser Art in Belarus unter freiem Himmel befindet sich seit 2009 in Borovaja (Minsker Gebiet). Zu sehen ist eine stattliche Anzahl von Fluggeräten aus unterschiedlichen Zeiten, darunter viele Modelle, die man aus Zeiten des Kalten Krieges nur aus Büchern und Filmen kennt. Eine erklärende Ausstellung gibt es nicht, insofern handelt es sich wohl mehr um einen Erlebnispark als um ein Museum. Dazu passt das Angebot, in die Flugzeuge hineinzugehen, auch besteht die Möglichkeit eines Hubschrauber-Rundflugs. Wer es dann doch genauer wissen will, wird auf der (übersichtlichen, wenn auch etwas überladenen) Website fündig. Sie bietet Informationen, die man vor Ort vermisst, wie z.B. eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Exponate.

Hilfreich zum Einstieg in die Geschichte der Erinnerung der Luftfahrtgeschichte in Belarus ist eine Übersicht über Denkmäler zur Flugzeuggeschichte mit Fotos und weiteren Erläuterungen. Offenbar gibt es aber eine Fangemeinde, davon zeugt jedenfalls das aktive Forum auf der Seite.

Besuch der Militärattachés im Museum am 18.11.2012. Foto: http://aircraft-museum.ucoz.ru/

„Wer ihm als Deutscher gegenübertritt, wird von seiner großherzigen Bereitschaft zur Versöhnung dankbar berührt“

So schreibt Dr. Christof Weil, der deutsche Botschafter, über Leonid Mendeleevič Levin und beschreibt damit, wie ich finde, dessen Persönlichkeit sehr treffend. Lewin ist ein in Belarus und über die Landesgrenzen hinaus bekannter Architekt und eine Schlüsselfigur für die Versöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Belarussen. In diesem Jahr ist er 75 Jahre alt geworden – Anlass zur Publikation einer zweisprachigen Fotobroschüre (Leonid Lewin Architekt. Erlebtes erleben, hg. bzw. finanziert von der Deutschen Botschaft und dem IBB Dortmund und Minsk , Minsk 2011), aus der das oben genannte Zitat stammt. Sie stellt die von ihm (und weiteren Architekten) gestalteten Gedenkstätten in Belarus, der Ukraine, Polen und anderen Ländern vor und ehrt ihn als Leninpreisträger, mehrfach mit staatlichen Preisen Belarus’ Ausgezeichneten sowie Träger des Bundesverdienstkreuzes. Ebenfalls aus Anlass seines Geburtstages wurde am 20. September eine Ausstellung in der Geschichtswerkstatt eröffnet.

Leodnid Lewin und Galina Lewina im Juli 2011 in der Geschichtswerkstatt

Sein wohl bekanntestes Werk ist die Gedenkstätte in Chatyn (1969 eröffnet). Lewin ist noch immer aktiv und realisiert weiterhin Projekte, u.a. mit seiner Tochter Galina Lewina, ebenfalls Architektin. Seit 1991 ist er Vorsitzender des Verbandes der jüdischen Gemeinden und Organisationen in Belarus.

Ausführlich zu seinem Werk: http://www.ibb-d.de/fileadmin/user_upload/pdf/Studientag-Vortrag_Sahm.pdf

Gelenktes Gedenken

Ich nutze ein weiteres Mal die Quelle von BelaPAN, deren gestrige Meldung einer Denkmalenthüllung ich aufnehmen möchte. Demnach gibt es in der Stadt Sjanno (Bezirk Vitebsk) seit heute ein neues Monument, für die Soldaten der Roten Armee, die im Juli 1941 in der dortigen Panzerschlacht gekämpft haben. Glaubt man dem Pressebüro des Verteidigungsministeriums, handelte es sich um die „größte Panzerschlacht der Weltgeschichte“, an der mehr Panzer und gepanzerte Fahrzeuge betilgit waren, als in Kursk.

Wie wichtig diese Einschätzung ist, belegt die Anwesenheit des Verteidigungsministers bei der Enthüllung. Mit dem Denkmal soll diese lange wenig beachtete militärische Auseinandersetzung gewürdigt und ein weiteres Mal der „Falsifizierung der Geschichte“ entgegengewirkt werden. Dahinter steht aber noch etwas anderes, nämlich die Betonung der besonderen Leistung der Belarussen (gegenüber Russland!) im Kampf gegen den Feind, der in dieser frühen Phase des Krieges zurückgedrängt werden konnte und erhebliche Verluste erlitten habe. Damit sei auf belarussischem Gebiet bereits 1941 der Grundstein für den Gesamtsieg gelegt worden.

An der Meldung fällt zweiterlei auf: Wie viele Panzer auch immer es genau waren, allein der überholte Vergleich mit Kursk zeigt, dass es hier weniger um Forschungsergebnisse, als um Superlative geht. Schon lange hat die Wissenschaft die Zahlen der an der Schlacht im Kursker Bogen beteiligten Panzer nach unten korrigiert. Ein Blick in die Geschichte des Ortes legt zudem nahe, dass von etwas anderem abgelenkt werden soll. Sjanno war bis zum Krieg jüdisch geprägt, woran heute nur wenige Spuren in der Stadt erinnern, wie z.B. eine Gedenktafel.