Raubkunst/Beutekunst

Museum der Filmgeschichte

Von der persönlichen Leidenschaft seines Direktors Igor Avdeev zeugt die Ausstellung im Minsker Filmmuseum. Es erzählt die Geschichte des belarussischen Films. Diese ist naturgemäß eng mit dem sowjetischen Kino verbunden, weist aber durchaus eigene, nationale Entwicklungen auf. Die Ausstellung ist nach Filmen strukturiert, die hierzulande einen besonderen Einfluss hatten oder besonders beliebt waren. Neben Texten und Fotos gibt es alte und neue Filmtechnik zu sehen sowie Highlights aus der umfangereichen Plakatsammlung des Museums, die einige Exemplare seltener Plakate enthält.

Darüber hinaus widmet sich das Museum der Suche nach Filmen, die während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt wurden und seitdem verschollen sind. Ein entsprechender Eintrag mit der Bitte um Unterstützung findet sich seit 2005 in der LostArt-Datenbank.

Eine eigene Website hat das Museum nicht, dafür aber einen Wikipedia-Eintrag. Weitere Informationen zum Museum finden sich hier.

Nochmal: Die Skarina-Bibel

Foto: http://www.belmarket.by/ru/194/115/15301/%D0%9E%D0%B1%D1%8A%D0%B5%D0%B4%D0%B8%D0%BD%D1%8F%D1%8E%D1%89%D0%B8%D0%B9-%D1%8D%D0%BB%D0%B5%D0%BC%D0%B5%D0%BD%D1%82.htm

Wichtig und nötig scheint mir noch ein Annex zur Ausstellung der Skarina-Bibel aus Görlitz in Minsk im Oktober 2012. Damals wurde dieses besondere Werk im Jahr des Buches, zum 90. Jahrestag seit der Gründung der Nationalbibliothek und im Rahmen der Deutschen Woche zuerst in der Nationalbibliothek, dann im Schloss Nezvizh ausgestellt (BelaPan 4.10.2012).

Den deutsch-belarussischen Charakter, den dieses Buch auszeichnet, spiegelte auch die gemeinsame Projektrealisation durch das Kulturministerium und die Deutsche Botschaft wider. Ein Vertreter der Deutschen Botschaft nannte die Bibel ein „verbindendes Element“, das kaum zu überschätzen sei, und Franziska Skarina den Gutenberg von Belarus.

Angereist aus der Bibliothek in Görlitz, wo die Bibel seit 1527 lagert, war Matthias Wenzel, der die Bibel 2003, wie er selber sagt, im Rahmen einer Ausstellungsvorbereitung zufällig entdeckt hat. Dieses Exemplar ist das einzige in Deutschland. Es erschien zwischen 1517 und 1519 in Prag in alter belarussischer Sprache. Zuerst haben es die Experten gar nicht geglaubt, dass neben den bisher bekannten Exemplaren der Sakrina-Bibel noch ein weiteres existieren könnte. Untersucht und bestätigt hat es dann der ausgewiesene und um die belarussische Literatur verdiente Slawist Norbert Randow (vgl. seine Veröffentlichung dazu im Görlitzer Magazin 18/2005), wo der die historischen Stationen und die Geschichte der Bibel darlegt. Ergänzend dazu seinen ein Aufsatz von Peter Wenzel über „Görlitz 1945“ in demselben Heft sowie ein Text von  Jasper von Richthofen über „Kriegsverlust und Beutekunst“ am Beispiel von Görlitz in Görlitzer Magazin 23/2010 empfohlen. Mit allen Beiträgen entsteht ein rundes Bild über diese einzigartige Bibelausgabe, die nicht nur über die Verbreitung der Bibel in verschiedenen Sprachen im 16. Jh. und die Geschichte des Buchdrucks in Osteuropa erzählt, sondern über die Geschichte der deutsch-belarussischen Beziehungen.

Da die Bibel die belarussischen Sammlungen, in der sich 10 der insgesamt 260 bekannten Ausgaben befinden, gut ergänzen würde, wurde vereinbart, eine digitale Kopie für die Nationalbibliothek anzufertigen.

Bei der Eröffnung der Ausstellung sagte der damals noch amtierende belarussische Kulturminister Pawel

Latuschko: „Diese Ausstellung ist der Anfang eines internationalen Projekts zwischen Belarus und Deutschland, das seit Jahren vorbereitet wurde. Um historische und kulturelle Kostbarkeiten, die aus verschiedenen Gründen aus Belarus verschwunden waren, wieder zu gewinnen, soll eine große Arbeit geleistet werden. Außerdem ist es so, dass die gegenwärtige Gesetzgebung in einigen Staaten nicht erlaubt, einst ausgeführte oder enteignete Schätze oder Raritäten in das jeweilige Herkunftsland zurückzubringen. Deshalb sehen wir uns gezwungen, uns an Privatsammler in der ganzen Welt zu wenden, Ausstellungen zu organisieren und digitale Kopien anzufertigen. Diese Skorina-Ausstellung ist ein Beispiel für eine wenn auch indirekte Rückkehr des kulturell-historischen Erbes nach Belarus. Das Konvolut wurde von den Mitarbeitern der Nationalbibliothek bereits digitalisiert, so dass eine Kopie für immer in unserem Land bleibt“ (BelTA).

Ausstellung der Görlitzer Skorina-Bibel in Minsk und Neswish

Ich zitiere die Pressemitteilung Nr. 13 der Deutschen Botschaft, Minsk, 02.10.2012:

„Am 4. Oktober 2012 um 16 Uhr findet in der Belarussischen Nationalbibliothek Minsk die feierliche Eröffnung der Ausstellung „Franzisk Skorina – Reise in die Heimat“ statt. In dieser Ausstellung wird neben den Skorina-Büchern aus der Sammlung der Nationalbibliothek Minsk erstmals die Skorina-Bibel der OLB (Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften, Görlitz, Bundesrepublik Deutschland) gezeigt. Diese Bibel umfasst 11 zu einem Konvolut zusammengefasste Bücher, die von Franzisk Skorina in den Jahren 1517-1519 in Prag gedruckt wurden. Unter diesen Drucken befinden sich auch solche, die es in der Sammlung der Nationalbibliothek nicht gibt: „Genesis“ mit dem wunderschönen Holzschnitt auf der Titelseite und die vier „Bücher der Könige“ mit dem berühmten Portrait Skorinas.

Die Görlitzer Skorina-Bibel ist eine herausragende bibliophile Rarität der OLB.  Die Drucke gelangten über ihre früheren Eigentümer zunächst von Prag nach Breslau, dann nach Görlitz, wo sie seit 1615 nachgewiesen sind. Sie werden erstmalig in Belarus ausgestellt. Sie werden vom 4.-13. Oktober 2012 im Buchmuseum der Nationalbibliothek und vom 15.- 24. Oktober 2012 im Kulturhistorischen Nationalmuseum Neswish zu sehen sein.

Die Ausstellungen stehen unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland und des Kulturministeriums der Republik Belarus.“

Das Regionalmuseum in Vitebsk

An zentraler Stelle in der Altstadt, im früheren Rathaus, befindet sich heute das Regionalmuseum (Витебский областной краеведческий музей). Dort ist es sich bereits seit 1924 untergebracht, nachdem seine Sammlungen zuvor seit der Gründung 1868 an verschiedenen Orten geworden waren. Die Bestände selbst gehen zurück auf private Sammlungen, u.a. von A. Brodovskij. Diese wurden in den 20er Jahren durch die sowjetischen Behörden enteignet und mit den Beständen aus dem Kirchlichen Archäologiemuseum, dem Museum der Archivkommission und dem Historischen Museum zusammengefasst.

Heute hat das Museum mehrere Filialen, darunter ein Museum der Privatsammlungen, ein Literatur– und ein Kunstmuseum. Auch das Wohnhaus Ilja Repins in der Nähe von Vitebsk gehört zum Regionalmuseum. Schließlich gehört auch eine Dokumentationsausstellung in einem Keller dazu, in dem sich zwischen 1941 und 1944 ein Gefängnis des nationalsozialistische SD befand, über das sich allerdings auf der Website des Museums keine Information findet.

Die auffallend moderne Website steht in einem Kontrast zu der doch ein wenig verstaubten Ausstellung. Die Dauerausstellung zeigt die Geschichte des alten Vitebsk mit teilweise beeindruckenden Grabungsfunden, die jedoch wenig eindrücklich präsentiert werden. Der historische Teil umfasst weiterhin Waffen, einen Raum zu Napoleon in Vitebsk und den „Großen Vaterländischen Krieg“. Die eindrucksvolle ethnographische Abteilung zeigt Stoffe und Trachten in ihrem Herstellungsprozess, allerdings ohne dabei auf die regionalen Besonderheiten im Unterscheid zu Belarus im Allgemeinen einzugehen. Wie immer, leider muss man es auch hier wieder beklagen, gibt es so gut wie keine Texte oder andere Vermittlungsangebote, die es dem Individualbesucher erlauben, sich einen Überblick zu verschaffen. Führungen sind nur in russisch und belarussisch zu haben und dauern sehr, sehr lange ….

Unerwartet groß ist die Abteilung für Naturkunde, die, vor einigen Jahren neu hergerichtet, herrliche Dioramen mit Flora und Fauna präsentiert. Dieser Fundus erklärt dann auch Sonderausstellungen, die z.B. umfangreiche Schmetterlingssammlungen zeigt.

Interessant ist, dass große Teile der Sammlungen vor dem Einmarsch der Deutschen im Zweiten Weltkrieg nach Russland gerettet werden konnten und von dort offenbar auch zurückgekehrt sind. Dass seitdem trotzdem einiges fehlt, und zwar nicht allein aufgrund der Kriegshandlungen, lässt die Museumsmitarbeiterin nur vorsichtig durchblicken. Immerhin haben sich die alten Inventarbücher erhalten, so dass man die Sammlungsgeschichte besser als an den meisten Orten nachvollziehen kann.

Aktuelle Literatur zum Museum: 90 год Віцебскаму абласному краязнаўчаму музею: матэрыялы навук канф., Віцебск, 30-31 кастр. 2008 г. / рэдкал.: Г.У. Савіцкі [і інш.]. – Мінск: Медысонт, 2009.

Institut für Belarussische Kultur

Hierbei handelt es sich um die erste belarussische Kultureinrichtung, gegründet in den 20er Jahren des 20. Jh. in einer Zeit, als die belarussischen Gebiete im Westen zu Polen, im Osten zur Belarussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR) gehörten. Während sich in Polen aus unterschiedlichen Gründen keine eigene weißrussische Bewegung entwickelte, treib die Sowjetunion nach der Teilung der weißrussischen Gebiete durch den Friedensvertrag von Riga 1921 in ihrem Landesteil zunächst eine „Weißrussifizierung“ voran. In diesem Zusammenhang kam es zur Gründung des Instituts in Minsk, das von 1922 bis 1928 Bestand hatte. Zu seinen Aufgaben gehörte die Forschung in den Bereichen Geschichte, Archäologie, Linguistik, Literaturwissenschaft und Ethnographie.

1928 wurde das Institut aufgelöst und bildete eine der Grundsteine für die in diesem Jahr gegründete Akademie der Wissenschaften. Die Abwicklung des Instituts ist im Zusammenhang mit der zunehmenden Einschränkung einer eigenständigen belarussischen Nationalbewegung zugunsten einer zunehmenden Ideologisierung des gesamten Kulturbereichs zu sehen.

Zwischen 1991 und 2008 wurde es unter dem Namen „Institut für die Probleme der Kultur“ erneut ins Leben gerufen. 2008 schließlich wurde es unter dem alten Namen Teil der Belarussischen Staatlichen Universität für Kultur. Sein Aufgabenspektrum hat sich damit erheblich erweitert: Neben aus- und Weiterbildung im Kulturbereich (auch für Museen), ist die Einrichtung zuständig für Fragen des materiellen und immateriellen Kulturerbes, wissenschaftliche Fragen der Kulturgüterrückführung sowie wissenschaftliche Forschung in allen Bereichen der Kultur.

Adam Iosofovich Maldis

Es gibt sie noch, die Intellektuellen, die für mich  – als Ausländerin und zudem aus dem Westen –  den Typ der sowjetischen Intelligencija verkörpern und mich immer wieder in ihren Bann ziehen. Einer von ihnen ist Adam Iosofovich Maldis. 1932 in einem damals zu Polen, heute zu Belarus gehörenden Dorf geboren, ist ein in Fachkreisen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter, mehrfach ausgezeichneter Literatur- und Kulturwissenschaftler, Journalist und Kritiker sowie Autor von zahlreichen Büchern und seit 1989 Mitglied des Belarussischen PEN-Zentrums.

Zusammen mit einer jungen Kollegin aus der Geschichtswerkstatt hatte ich kürzlich Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Er empfing uns in einem Büro, wie es  – ich muss es sagen – sowjetischer nicht hätte sein können. Versteckt im Gebäude einer Zeitungsredaktion gelegen, war es offenbar überhaupt in mitten des Renovierungschaos nur zugänglich, weil er die Handwerker außer mit seiner Autorität mit dem Argument zum Aufräumen gezwungen hatte, dass „Besuch aus Deutschland“ käme. Der winzige Raum, den man sodann betritt, ist Entschädigung genug. Er atmet durch und durch Wissenschaft und Gelehrsamkeit: Dunkle, groß gemusterte Tapeten, schwere Möbel, große Bücher- und Zeitungsstapel und reihenweise (sowjetische) Papki. Die überall herabhängenden Elektrokabel und offenen Kabelkanäle bemerkt der Besucher gar nicht erst ob der Stimmung im Raum. Dazu trägt nicht unerheblich die ältere Dame bei, die ungerührt zwischen Papierbergen an einem der beiden Schreibtische sitzt und in großer Gelassenheit Zeitungen auf wichtige Artikel durchsieht, diese ausschneidet und zu Stapeln ordnet. Undenkbar, ihr Aufgaben einer „Sekretärin“ zuordnen zu wollen, etwa Tee zu kochen oder sich sonst wie um den Besuch zu kümmern. Vielmehr ist sie seit Jahren die rechte Hand und gute Seele der Forschungsprojekte des Herrn Professor.

Dieser geht sofort in medias res, erzählt uns von seinen noch immer zahlreichen Ämtern und Ehrenämter, zu denen auch der Vorsitz der Kommission zur Rückführung von Kulturgütern gehört. Dies war für mich der Anlass gewesen, den Kontakt zu ihm zu suchen. Seit 1987 Vorsitzender der gesellschaftlichen Kommission „Vjartanie“ (Rückführung) der Belarussischen Kulturstiftung , beschäftigte er sich seitdem immer wieder mit den Kulturgüterverlusten Weißrusslands und vertrat sein Land 1995 auf der Konferenz „Spoils of War“ in New York.

Der zweite Schwerpunkt seiner Forschungen ist die Literaturwissenschaft, noch immer ist er Ehrenvorsitzender der Internationalen Vereinigung der Belarussisten, deren Mitglieder er natürlich alle persönlich kennt. Noch immer schreibt er für verschiedene Zeitungen, darunter für die Sovetskaja Belarus.

Ihn politisch einordnen zu wollen, wäre nicht nur unangemessen, es wäre schlicht sinnlos. Universal gebildet, eigenwillig und unangepasst vertritt er seine Position, sachlich, fundiert, gelassen. Doch selbst eine solch humanistische Haltung ist offenbar mitunter gefährlich, wurde Maldis doch 2002 von Unbekannten attackiert und bewusstlos geschlagen. Sein Engagement hat er seitdem nicht aufgegeben, im Gegenteil, man ist versucht, noch viele weitere Bücher, Artikel und Interviews von ihm zu erwarten, die neben einem wissenschaftlichen Beitrag immer auch ein Denkanstoß sind.

Archäologisches Museum im Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften

Foto: http://www.history.by/rus/exposition.html

Klein, aber fein ist die Ausstellung zur Geschichte der archäologischen Forschung in Belarus im obersten Stock des Gebäudes, in dem sich auch das Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften befindet (Экспозиция „Развитие археологической науки в Национальной академии наук Беларуси“ при ГНУ Институт истории НАН Беларуси“). In zwei Räumen bietet die überraschend modern gestaltete Ausstellung einen Überblick über verschiedene Ausgrabungsorte und Funde auf dem Gebiet des heutigen Belarus.

Das nach Voranmeldung öffentlich zugängliche kleine Museum dient vorrangig der Ausbildung von Studierenden. Für sie werden Formen und Exemplare archäologischer Funde auf einzeln verschiebbaren Tafeln zum Vergleich präsentiert. Großfotos, kleine Inszenierungen und moderne Vitrinen hinterlassen einen professionellen Eindruck. Auffällig sind die durchweg belarussiche und englische Beschriftung aller Exponate – ein Service für den Einzelbesucher, den man nur selten in weißrussischen Museen findet. Einführende Texte zur Einordnung einzelner Fundorte wünscht man sich dagegen leider vergeblich.

Das Museum zeigt nur einen kleinen Teil der weitaus größeren Sammlung der Akademie der Wissenschaften. Diese hat im Zweiten Weltkrieg stark gelitten, große Teile wurden nach Deutschland verbracht. Von dem, was nach dem Krieg zurückgegeben wurde, gelangten viele Exponate aufgrund der sowjetischen Verteilungsstruktur an andere Museen im ganzen Land. Mit dem vorhandenen Bestand sollte bereits 1963 ein Museum eröffnet werden. Dieses Vorhaben wurde jedoch erst 2006 realisiert.

Zur Ausstellung gibt es eine russisch- und englischsprachige Broschüre sowie Informationen im Internet.