70 Jahre Chatyn

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In diesem Jahr jährte sich die Katastrophe von Chatyn zum 70. Mal. Aus diesem Anlass veranstalteten die Gedenkstätte und die Gesellschaftliche Vereinigung „Verständigung“ zusammen eine Konferenz. Als Mitglied des „Orgkomitees“, wir würden sagen Beirat, hatte ich die Gelegenheit, mal wieder hinter die Kulissen belarussischer Organisation zu schauen. Das Ergebnis war wunderbar, eine, wie ich finde, professionelle zweitätige Konferenz (20.-21.3.) in der IBB Minsk mit lebhaften Diskussionen. Der Titel der Konferenz lautete „Chatyn 1943-2013. Ereignis. Menschen. Erinnerung“ (bei heftigen Diskussionen, was denn unter den einzelnen Rubriken zu verstehen sei); mit meinem Vorschlag „Mythen und Fakten“ bin ich kläglich gescheitert und wurde belehrt, dass es keine Mythen geben kann, da man ja die Dokumente kenne und ein solcher Titel außerdem aus politischen Gründen undenkbar sei. Ergänzt wurde das Programm durch ein Konzert in der Minsker Philharmonie am 21.3. abends und einer Gedenkfeier in Chatyn am 22. März.

Der Weg dorthin war allerdings nicht ganz einfach, als Ausländer wird man die Einzelheiten wohl nie verstehen. Was uns kompliziert und umständlich erscheint, ist für die belarussischen Kollegen offenbar der Weg des geringsten Widerstandes und eben normal. Um nur einige Beispiele zu nennen: Es wird ein großes Orgkomitee gegründet, an dem aber immer nur dieselben drei Leute teilnehmen, an denen natürlich auch die Arbeit hängen bleibt. Es ist trotz hartnäckiger Versuche nicht möglich herauszufinden, wie hoch oder niedrig genau das von der Gebietsverwaltung zugesagte Budget ist. Das Programm wird erst am letzten Tag gedruckt und an die Konferenzteilnehmer verteilt. Hochrangige Gäste sollen unbedingt eingeladen werden, werden aber nicht informiert, …..

Mein Beitrag bestand letztlich darin, die belarussischen Kollegen von einem waghalsigen Abenteuer zu überzeugen, die Konferenz in vier thematische Sektionen (alle nacheinander in einem Raum!) einzuteilen, aus den Vortragsangeboten die besten auszuwählen, diese thematisch zu gruppieren und letztlich alle Vortragenden einer Sektion auf dem Podium zu versammeln, das ganze zu moderieren und auf die Einhaltung der Zeiten zu achten. Eigentlich ganz normal. Das Experiment hat aber gut funktioniert, alle waren angetan und freuten sich wieder mal über die „deutsche Ordnung“. So verwirrend kann die gegenseitige Wahrnehmung sein.

Zum Abschluss der Konferenz wurde eine Resolution auf Russisch und Englisch verabschiedet. Das Thema der verbrannten Dörfer ist weiterhin aktuell, die Stiftung Mir betreibt verschiedene Projekte, darunter auch mit der russischen Organisation „Historische Erinnerung“ und dem deutschen Verein Kontakte, die die noch 9.5000 Überlebenden der verbrannten Dörfer betreuen. Die seit einiger Zeit in Arbeit befindliche Datenbank aller verbrannten Dörfer unter Einbeziehung von Archidokumenten und Erinnerungen haben die beiden Initiatoren, Natalja Kirillova und Vjacheslav Selemenev, kürzlich ins Netz gestellt.