Die Schlossmuseen in Mir und Nesvizh

Schloss Nesvizh

Anlässlich der bevorstehenden Eröffnung der historischen Räumlichkeiten in Schloss Nesvizh in diesem Herbst, möchte ich einen Blick in die bisherige Ausstellung sowie diejenige in Schloss Mir werfen. Beide Schlösser sind Vorzeigeprojekte des belarussischen Tourismus und werden als solche gehegt und gepflegt. Beide stehen auf der Liste des Weltkulturerbes in Belarus.

Sowohl Nesvizh als auch Mir sind eng mit der Geschichte der Radziwills verbunden, deren Kulturschaffen und Mäzenatentum diese Region bis heute prägt. Während die Ausstellung in Mir bereits im letzten Jahr ihre Pforten für das Publikum eröffnete, wird dies in Nesvizh nach Abschluss langjähriger Restaurierungsarbeiten in diesem Jahr erwartet. Von dem, was zu sehen sein wird, kann man sich hier ein Bild machen. Eine Beschreibung der Restaurierungsarbeiten findet sich hier.

Schloss Mir

Schon jetzt sind auch in Nezvizh zwei Ausstellungsräume der Geschichte des Schlosses und der berühmten Bibliothek gewidmet. Im Stil ähneln sie denen in Schloss Mir. Beides sind klassische Präsentationen mit einem Schwerpunkt auf der Geschichte des Ortes, (so weit vorhanden) der Einrichtung der historischen Räume sowie Kunst- und Kunstgewerbeobjekten. Das Ausstellungsdesign ist klassisch zurückhaltend, dabei von guter Qualität. Bildschirme, teilweise interaktiv zu bedienen, sind Teil der Ausstellung und funktionieren meistens. Ansonsten gibt es so gut wie keine Vermittlungsangebote, Hands-On oder Partizipationsmöglichkeiten für die Besucher. Beschriftungen und Texte sind vorhanden, so dass sich auch der Einzelbesucher orientieren kann – leider keine Selbstverständlichkeit in belarussischen Museen. Raumtexte sind meist in russisch und englisch vorhanden, die Objektbeschriftungen hingegen unkonsequent mal in belarussisch, mal russisch, mal englisch, mal in einer Kombination gehalten. Ärgerlich ist, dass sie inhaltlich innerhalb der Ausstellungen stark differieren, d.h. mal die Herkunft des Objekts angeben, mal nicht, mal eine Erklärung neben dem Titel bieten, mal nicht usw., mal eine Orts- und Datumsangabe bieten, mal nicht usw.

Ausstellung in Schloss Mir

Ein weiterer Schwachpunkt sind die mangelnden Erklärungen der Baugeschichte. Zwar gibt es Dokumente und auch Texte dazu, doch wird aus der Ausstellung nicht deutlich, welche Bauetappe(n) bei der Rekonstruktion zugrunde gelegt wurden. Letztlich bleibt der Eindruck, es handele sich um einen Wiederaufbau der „schönsten“ Teile der Schlösser aus verschiedenen Zeiten, was zwar legitim, aber doch erklärungsbedürftig ist.

Ausstellung in Schloss Mir

Trotzdem sind beide Schlösser einschließlich ihrer Ausstellungen lohnende Ausflugsziele und bieten viele, wenn auch punktuell zusammengetragene Informationen, über die vielfältige und wechselvolle Geschichte der Region zwischen Polen, Litauen, der Ukraine und Russland, deren Einflüsse gerade an so symbolträchtigen Orten wie Mir und Nezvizh deutlich zu sehen und zu spüren sind. Ein Café oder Museumsshop sucht man allerdings bisher vergeblich.

Minsk-Forum 2011 fällt aus

Das von der Deutsch-belarussischen Gesellschaft sowie weiteren Partnern initiierte Minsk-Forum fällt in diesem Jahr aus. Zur Begründung weist der Vorsitzende der Gesellschaft, Rainer Lindner, in der Minsk Forum_2011 (Link) der Gesellschaft auf die angespannte politische Lage in Belarus seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 hin.

Das Minsk-Forum bietet seit 1997 einen Raum für den Austausch zwischen Regierungsvertretern aus Belarus, Deutschland und weiteren EU-Ländern sowie Vertretern der Zivilgesellschaft aus Belarus und Deutschland. Zum Vorbild diente der Petersburger Dialog des Deutsch-Russische Forums, dessen politische Bedeutung bisher jedoch nicht erreicht wurde.

Im Mittelpunkt standen bisher Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Politik. Fragen aus Kultur und Bildung wurden in deutlich geringerem Umfang behandelt – ein Befund, der aus meiner Sicht die Breitenwirkung des Forums einschränkt und für die Zukunft mit in die Planungen einbezogen werden sollte.

Verbrannte Dörfer

Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung von Städten und Dörfern in Belarus im Zweiten Weltkrieg mag es erstaunen, dass dieses Thema in der nationalen Forschung nicht mehr Beachtung findet. Bisher erinnerte nur die Gedenkstätte in Chatyn an das Schicksal tausender Dörfer, die zum Teil mit samt ihren Einwohnern während der deutschen Besatzung 1941 bis 1944 verbrannt wurden.

Dies scheint sich allmählich zu ändern. Seit einiger Zeit arbeiten der frühere Direktor der Nationalbibliothek, V. Selemenev, sowie die frühere Direktorin der Gedenkstätte in Chatyn, N. Kirillova, an einer Datenbank zu den verbrannten Dörfern. Die Arbeiten stehen im Zusammenhang mit einem Projekt der Belarussischen Friedensstiftung, das diese in Kooperation mit der Stiftung Verständigung und Aussöhnung durchführt. Letztere ist die Partnerorganisaiton für die Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft bei der Auszahlung der Entschädigungszahlungen an die Zwangsarbeiter.

Zwar sieht das Projekt keine finanzielle Förderung der wissenschaftlichen Tätigkeit an der Datenbank vor, dennoch ist diese aus der Initiative hervorgegangen und kann bereits ein beeindruckendes Zwischenergebnis vorweisen. Ausgangspunkt ist die im Zusammenhang mit dem Bau der Gedenkstätte in Chatyn in den 60er Jahren erarbeitete Liste, die von 9.200 Dörfern ausgeht. Davon, so die bis heute offiziellen Angaben, wurden 619 Dörfer mitsamt ihren Einwohnern dem Erdboden gleichgemacht, 186 davon nicht wieder aufgebaut.

Schon jetzt hat die Arbeit an der Datenbank gezeigt, dass die Zahlen korrigiert werden müssen. Viele Dörfer wurden aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht erfasst, andere wurden in die Liste aufgenommen, auch wenn keine Menschen dabei ums Leben kamen, ohne dies jedoch zu differenzieren, einige Dörfer wurden nicht von den Deutschen, sondern von Partisanen zerstört – auch dies ist in der bisherigen Liste nicht kenntlich gemacht. Diese Defizite sollen mit der Datenbank behoben werden. Grundlage ist eine Tabelle, in der alle Dörfer erfasst sind, verbunden mit Zahlenangaben aus der Zeit vor und nach dem Krieg, Quellen- und Literaturangaben, Links zu eingescannten Archivdokumenten sowie Fotos aus der Nachkriegszeit und heutiger Gedenktafeln und –steine.

Bereits in diesem Jahr erschienen ist ein Buch der beiden Wissenschaftler mit Dokumenten zu den verbrannten Dörfern. Es ist dies, neben einer Publikation der Gedenkstätte in Chatyn aus dem Jahr 2010, die einzige neuere Veröffentlichung zu diesem Thema. Sieht man von wenigen älteren, noch zu Zeiten der Sowjetunion erschienenen Bücher ab, so beschränkt sich die Bearbeitung des Themas in Belarus bisher auf die Veröffentlichung von Dokumenten und Erinnerungen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung fehlt bisher, wie übrigens auch in Russland.

Einen Anstoß zur weiteren Bearbeitung des Themas kann eine Konferenz bieten, die im Mai 2012 im Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges stattfinden wird. Gefördert vom Kulturministerium greift sie eine Initiative des deutschen Aktuellen Forums e.V. auf, das seit einigen Jahren Konferenzen zu den verbrannten Dörfern durchführt, bisher in Berlin/Köln (2006), Lidice (2008) und Banská Bystrica (Slowakei, 2010).

Tage des Europäischen Kulturerbes in Belarus

In diesen Tagen werden zum wiederholten Male die Tage des europäischen Kulturerbes in Belarus begangen. Ziel der Aktion der seit 1991 vom Europarat und seit 1999 vom Europarat und der Europäischern Kommission geförderten Aktion ist es – ähnlich dem deutschen Tag des offenen Denkmals –  auf Architekturdenkmäler aufmerksam zu machen und zu ihrem Schutz beizutragen. Zudem sind die ausgewählten Gebäude, die normalerweise für die Öffentlichkeit geschlossen sind, in diesen Tagen für das Publikum zugänglich.

Jedes Land stellt die Kulturerbetage unter ein Motto. Belarus hat dieses Jahr das Thema „Kulturerbe und Religion“ gewählt und rückt damit die jahrhundertealten Beziehungen zwischen Staat und Kirche(n) in der Region in den Fokus. Aufgrund seiner geographischen Lage kommen in Belarus die orthodoxe, katholische, protestantische und jüdische Religion auf einzigartige Weise zusammen. Kunsthistorisch verbinden sich Einflüsse aus Byzanz, der Romanik und Gotik sowie ethnisch geprägter Kultur. Diese Synthese kommt insbesondere in der Architektur eindrucksvoll zum Ausdruck.

Zu der Aktion ist eine Broschüre des Kulturministeriums, hg. vom Institut für Belarussische Kultur, in belarussischer und englischer Sprache mit zahlreichen Farbfotos erschienen (siehe Foto). Ausgewählt und in der Broschüre vorgestellt werden das orthodoxe Frauen-Kloster Spaso- Evfrosinievkij in Polock, das ebenfalls orthodoxe Männer-Kloster Svjato-Uspenskij in Zhirovichi und die katholische Bernhardinerkirche in Budslav mit jeweils einzigartigen Ikonen, Fresken und Altären. Alle drei Orte pflegen ein aktives, religiöses Leben und werden regelmäßig von Pilgern besucht.

2010 hatte Belarus das Thema « Renaissancebauten » gewählt.

17. September

Dies ist der Tag, an dem im Jahre 1939 sowjetische Truppen die ostpolnischen Gebiete besetzten. Dieses Vorgehen entsprach der geheimen Übereinkunft zum Hitler-Stalin-Pakt. Damit kam das gesamte Gebiet mit weißrussischen Bevölkerungsanteilen, das in der Zwischenkriegszeit im Westen zu Polen, im Osten zur Sozialistische Sowjetrepublik Weißrussland (BSSR) und damit seit 1922 zur UdSSR gehörte, unter sowjetischen Einfluss. Es ist diese um die bis dahin polnischen Gebiete Westweißrusslands erweiterte BSSR, die am 22. Juni 1941 dem Überfall der Wehrmacht zum Opfer fiel.

Die Darstellung der Ereignisse des 17.9.1939 im Museum des Großen Vaterländischen Krieges.

Bis heute wird im offiziellen Sprachgebrauch – und in den meisten Museen – von der „Befreiung“ gesprochen, so auch im Museum des Großen Vaterländischen Krieges. Auch im ersten Konzept für die Neugestaltung des Museums wurde diese Formulierung gewählt. In der Zwischenzeit wurde die Struktur der Ausstellung überarbeitet und es ist die Rede von „Übergang der Roten Armee in das westliche Belarus“.

Aus polnischer sieht die historische Bewertung natürlich ganz anders aus, gehörten doch die ostpolnischen Gebiete, die „Kresy“, gemäß dem völkerrechtsgültigen Vertrag von Riga seit 1921 zur Zweiten Republik Polen. Aber auch ein Blick auf verschiedene litauische Websites zeigt, dass es noch weitere Perspektiven gibt. Siehe ausführlich dazu das Handbuch der Geschichte Weißrusslands, Göttingen 2001.

Für Belarus ist dieses Datum aber insofern Interessant, als sich hier – selten genug – Anhänger der offiziellen Geschichtspolitik und Anhänger der Opposition sowie die meisten kritischen Intellektuellen und Nationalisten einig sind: Diese Gebiete, so die geteilte Überzeugung, gehören schon immer zu Belarus.

Heute ist in etwa auf der Linie der Grenze von 1921 bis 1939 eine Toll-Station der Autobahn, die an die alte Grenze erinnert. Und ebenfalls bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass der Ausstellungsgestalter für das neue Museum des Großen Vaterländischen Krieges (Eröffnung 2013) ein polnisches Büro ist. Oh, oh.

Adam Iosofovich Maldis

Es gibt sie noch, die Intellektuellen, die für mich  – als Ausländerin und zudem aus dem Westen –  den Typ der sowjetischen Intelligencija verkörpern und mich immer wieder in ihren Bann ziehen. Einer von ihnen ist Adam Iosofovich Maldis. 1932 in einem damals zu Polen, heute zu Belarus gehörenden Dorf geboren, ist ein in Fachkreisen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter, mehrfach ausgezeichneter Literatur- und Kulturwissenschaftler, Journalist und Kritiker sowie Autor von zahlreichen Büchern und seit 1989 Mitglied des Belarussischen PEN-Zentrums.

Zusammen mit einer jungen Kollegin aus der Geschichtswerkstatt hatte ich kürzlich Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Er empfing uns in einem Büro, wie es  – ich muss es sagen – sowjetischer nicht hätte sein können. Versteckt im Gebäude einer Zeitungsredaktion gelegen, war es offenbar überhaupt in mitten des Renovierungschaos nur zugänglich, weil er die Handwerker außer mit seiner Autorität mit dem Argument zum Aufräumen gezwungen hatte, dass „Besuch aus Deutschland“ käme. Der winzige Raum, den man sodann betritt, ist Entschädigung genug. Er atmet durch und durch Wissenschaft und Gelehrsamkeit: Dunkle, groß gemusterte Tapeten, schwere Möbel, große Bücher- und Zeitungsstapel und reihenweise (sowjetische) Papki. Die überall herabhängenden Elektrokabel und offenen Kabelkanäle bemerkt der Besucher gar nicht erst ob der Stimmung im Raum. Dazu trägt nicht unerheblich die ältere Dame bei, die ungerührt zwischen Papierbergen an einem der beiden Schreibtische sitzt und in großer Gelassenheit Zeitungen auf wichtige Artikel durchsieht, diese ausschneidet und zu Stapeln ordnet. Undenkbar, ihr Aufgaben einer „Sekretärin“ zuordnen zu wollen, etwa Tee zu kochen oder sich sonst wie um den Besuch zu kümmern. Vielmehr ist sie seit Jahren die rechte Hand und gute Seele der Forschungsprojekte des Herrn Professor.

Dieser geht sofort in medias res, erzählt uns von seinen noch immer zahlreichen Ämtern und Ehrenämter, zu denen auch der Vorsitz der Kommission zur Rückführung von Kulturgütern gehört. Dies war für mich der Anlass gewesen, den Kontakt zu ihm zu suchen. Seit 1987 Vorsitzender der gesellschaftlichen Kommission „Vjartanie“ (Rückführung) der Belarussischen Kulturstiftung , beschäftigte er sich seitdem immer wieder mit den Kulturgüterverlusten Weißrusslands und vertrat sein Land 1995 auf der Konferenz „Spoils of War“ in New York.

Der zweite Schwerpunkt seiner Forschungen ist die Literaturwissenschaft, noch immer ist er Ehrenvorsitzender der Internationalen Vereinigung der Belarussisten, deren Mitglieder er natürlich alle persönlich kennt. Noch immer schreibt er für verschiedene Zeitungen, darunter für die Sovetskaja Belarus.

Ihn politisch einordnen zu wollen, wäre nicht nur unangemessen, es wäre schlicht sinnlos. Universal gebildet, eigenwillig und unangepasst vertritt er seine Position, sachlich, fundiert, gelassen. Doch selbst eine solch humanistische Haltung ist offenbar mitunter gefährlich, wurde Maldis doch 2002 von Unbekannten attackiert und bewusstlos geschlagen. Sein Engagement hat er seitdem nicht aufgegeben, im Gegenteil, man ist versucht, noch viele weitere Bücher, Artikel und Interviews von ihm zu erwarten, die neben einem wissenschaftlichen Beitrag immer auch ein Denkanstoß sind.

Brand im Freilichtmuseum Dudutki

http://www.agroecotour.com/forum/viewtopic.php?f=19&t=11

Am Abend des 10. September ist im Freilichtmuseum Dudutki ein Feuer ausgebrochen und hat erhebliche Schäden angerichtet. Ob es Brandstiftung oder Fahrlässigkeit war, ist noch nicht geklärt.

Das Museum ist eines von drei (!) privaten Museen in Belarus. 1994 gegründet, bietet es unweit von Minsk ein vielfältiges Angebot rundum belarussische Volkskultur, Handwerk und Landwirtschaft. Finanziell muss es sich selber tragen. Folglich arbeitet es kommerziell. Die Preise können als gemäßigt bis hoch, gemessen an den hiesigen Einkommen, bezeichnet werden. Dennoch sind das Museum und das dazugehörige Gelände ein beliebtes Ausflugsziel.

Im Rahmen des in Belarus sehr geförderten Öko- oder Agrotourismus spielt das Museum eine wichtige Rolle.

Nadezhda Trojan gestorben

Am 7. September verstarb eine der drei Partisaninnen, die am 23.9.1943 das tödliche Attentat auf Wilhelm Kube, den Generalkommissar für den Generalbezirk Weißruthenien, in Minsk verübt hatten. Die Meldung des Todes der in der BSSR geborenen und mehrfach mit hohen Orden der Sowjetunion ausgezeichneten Trojan in Moskau im Alter von 90er Jahren wurde hier in Minsk und Belarus von vielen Medien aufgegriffen.

Trojan war während des Krieges in mehreren Partisanenbrigaden auf dem Gebiet der BSSR aktiv und arbeitete als Krankenschwester und Agentin. Zu ihren spektakulärsten Erfolgen im Kampf gegen die Besatzer gehörte das Attentat auf Kube. Dieser war am 23.9.1943 durch eine Bombe zu Tode gekommen, die unter seinem Bett versteckt worden war. Weitere Beteiligte waren Elena Mazanik und Marija Osipova, die ebenso wie Trojan mit dem höchsten Orden der UdSSR, „Held der Sowjetunion“, ausgezeichnet worden waren.

Nach dem Krieg wurde Trojan Ärztin, Dozentin an verschiedenen Universitäten und Vizepräsidentin des Internationalen Roten Kreuzes. Sie war aktiv im Verband der Veteranen und anderen gesellschaftlichen Organisationen engagiert.

Die Geschichte des Attentats auf Kube wird in einer gesonderten Ausstellungseinheit im „Museum des Großen Vaterländischen Krieges“ behandelt (siehe Foto). Hier stehen weniger Trojan als Osipova und Mazanik im Vordergrund. Ausgestellt ist u.a. ein an letztere gerichteter Brief der Ehefrau Kubes, Anita Kube, vom 23.9.1992, dem Jahrestag des Attentats.

„Tag des belarussischen militärischen Ruhmes“

http://belapan.com/archive/2011/09/08/media_voin_slava/

Eben diesen galt es gestern, am 8. September, zu feiern. Es ist ein Gedenktag der demokratischen Öffentlichkeit in Belarus. Er geht zurück auf das historische Datum des Sieges der Truppen des Großfürstentums Litauen über die Truppen des Moskauer Fürstentums 1514 bei Orscha, mit dem das Großfürstentum seine Unabhängigkeit behauptete. Hierzulande handelt es sich um einen inoffiziellen Feiertag, an den erst seit den 80er Jahren erinnert wird. 1992 wurde er feierlich auf dem Platz der Unabhängigkeit in Minsk mit der Vereidigung von Soldaten und Offizieren der Streitkräfte begangen. Da das Gedenken an das Großfürstentum als wichtigen Bezugspunkt der nationalen Unabhängigkeit und belarussischen Kultur offiziell nicht erwünscht ist und mit der politischen Opposition in Verbindung gebracht wird, sind größere Veranstaltungen zu diesem Datum nicht denkbar. Dennoch tauchte die (verbotene) rot-weiße Flagge in diesem Zusammenhang hier und da auf. Wie wichtig der Tag für das nationale Selbstverständnis ist, zeigt die Tatsache, dass Belarussen in anderen Ländern daran erinnern, wie das Foto aus Warschau zeigt.

Gelenktes Gedenken

Ich nutze ein weiteres Mal die Quelle von BelaPAN, deren gestrige Meldung einer Denkmalenthüllung ich aufnehmen möchte. Demnach gibt es in der Stadt Sjanno (Bezirk Vitebsk) seit heute ein neues Monument, für die Soldaten der Roten Armee, die im Juli 1941 in der dortigen Panzerschlacht gekämpft haben. Glaubt man dem Pressebüro des Verteidigungsministeriums, handelte es sich um die „größte Panzerschlacht der Weltgeschichte“, an der mehr Panzer und gepanzerte Fahrzeuge betilgit waren, als in Kursk.

Wie wichtig diese Einschätzung ist, belegt die Anwesenheit des Verteidigungsministers bei der Enthüllung. Mit dem Denkmal soll diese lange wenig beachtete militärische Auseinandersetzung gewürdigt und ein weiteres Mal der „Falsifizierung der Geschichte“ entgegengewirkt werden. Dahinter steht aber noch etwas anderes, nämlich die Betonung der besonderen Leistung der Belarussen (gegenüber Russland!) im Kampf gegen den Feind, der in dieser frühen Phase des Krieges zurückgedrängt werden konnte und erhebliche Verluste erlitten habe. Damit sei auf belarussischem Gebiet bereits 1941 der Grundstein für den Gesamtsieg gelegt worden.

An der Meldung fällt zweiterlei auf: Wie viele Panzer auch immer es genau waren, allein der überholte Vergleich mit Kursk zeigt, dass es hier weniger um Forschungsergebnisse, als um Superlative geht. Schon lange hat die Wissenschaft die Zahlen der an der Schlacht im Kursker Bogen beteiligten Panzer nach unten korrigiert. Ein Blick in die Geschichte des Ortes legt zudem nahe, dass von etwas anderem abgelenkt werden soll. Sjanno war bis zum Krieg jüdisch geprägt, woran heute nur wenige Spuren in der Stadt erinnern, wie z.B. eine Gedenktafel.

Schwieriges Gedenken

Es sind solche Meldungen wie die von BelaPAN  vom 31.8.2011, die daran erinnern, wie schwer sich Belarus offenbar noch immer mit seinem jüdischen Erbe tut. Eine kleine Versammlung von Menschen zum Gedenken an den Selbstmord einer Gruppe von Juden am 31.8.1941 nach dem Einmarsch der Deutschen in Mazyr wurde von den Behörden argwöhnisch verfolgt und schließlich aufgelöst. Ihr Vorschlag, das Gedenken am Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar abzuhalten, zeigt, dass individuelles, nicht organisiertes Gedenken nach wie vor nicht in das Schema der offiziell regulierten Gedächtniskultur passt.

Hinzu kommen die historischen Umstände, derer gedacht wurde. Vertreter der in den USA registrierten World Association of Belarusan Jewry (WABJ), der Christlichen Partei sowie von Menschenrechtsvertretungen kamen am Mittwoch in Mazyr zusammen, um an das Schicksal derjenigen jüdischen Familien zu erinnern, die sich selbst in einem Holzhaus verbrannt haben, um nicht in die Hände der Besatzer zu fallen.

Seit 2003 erinnerte ein Gedenkstein der WABJ an das Ereignis, der in hebräischer, englische rund weißrussischer Sprache darauf hinwies, dass sich die Menschen lieber selbst umgebracht haben, als sich dem Feind zu ergeben.

Die Stadtregierung entfernte den Stein und ließ ihn im Mai 2010 durch eine Tafel ersetzen, die lediglich an die „friedliche Selbstopferung von Einwohnern“ erinnert.