Nationalbibliothek

Das Gebäude der Nationalbibliothek, abends mit Beleuchtung.

Als international tätiger Wissenschaftler kommt man ja viel rum und forscht sich dabei auch durch so manche Bibliothek. Ich gebe zu, dass ich jedes Mal, zumal im Ausland, immer wieder Respekt davor habe: Wie funktioniert die Anmeldung? In welchen Katalogen ist welche Literatur zu finden? Wo kann ich kopieren? Und last but not least: Wie sind die Facilities des Hauses, wenn ich schon Stunden, Tage oder Wochen darin verbringe?

Diesen Test musste nun auch die Nationalbibliothek der Republik Belarus bestehen – und hat das eindrucksvoll getan. Natürlich war auch hier wieder meine russische Erfahrung der Maßstab meiner Erwartungen. Und wieder hat sich mein Eindruck bestätigt, dass die Dinge des Alltags in Belarus schlicht unkomplizierter sind als in Russland. Nach Zahlung von 7.000 Rubel (= weniger als 2 €) hatte ich einen Benutzerausweis und dank meines Doktortitels wurde ich dem Lesesaal der Wissenschaftlichen Mitarbeiter zugeteilt. Während bei uns jeder innerhalb der Bibliothek arbeitet, wo er möchte, so erfolgt in Belarus eine Zuordnung zu einem bestimmten Lesesaal. Dort erhält man seine bestellte Literatur, kann kopieren und ins Internet (1 Stunde frei für alle Nutzer).

Ein nicht gerade kleiner Wermutstropfen ist allerdings der wissenschaftliche Bestand: Derzeit umfasst dieser laut Website 8,9 Millionen Einheiten und kann über einen zentralen Katalog, verschiedene Datenbanken und auch online recherchiert werden. An eine ausreichende aktuelle Verfügbarkeit internationaler Literatur ist dabei aber leider nicht zu denken. Zwar gibt es vereinzelte Bestände, die man nicht unbedingt in der Bibliothek vermutet (ich habe das für konkrete Themen der deutsch-sowjetischen Geschichte und für Museumswissenschaften ausprobiert). Aber westlichen wissenschaftlichen Standards hält die Bibliothek nicht stand.

Daran ändert auch ihr 2006 fertig gestellter spektakulärer Bau nichts, der die Skyline von Minsk belebt und abends passend zur Jahreszeit oder Feiertagen beleuchtet wird. Er gehört zu den 50 originellsten Bauten der Welt. Dem eindrucksvollen Äußeren entspricht durchaus die Inneneinrichtung, von der so manche Bibliothek nur träumen kann. Die Lesesäle sind neu und komfortabel eingerichtet, es gibt ausreichend Computer für die Recherchen, wie gesagt, einige davon mit Internetanschluss. Kopien können unproblematisch bestellt werden, Cafés, eine Kantine und Ruhebereiche laden zu kreativen Pausen ein. Kein Wunder, dass der Präsident die Bibliothek zum Vorzeigeobjekt anlässlich staatlicher Veranstaltungen erhoben hat.

Weitere Eindrücke der Bibliothek aus Nutzerperspektive:

http://www.bibliothek2null.de/2010/10/25/ein-besuch-in-weisrussland/

Tag des Vaterlandsverteidigers

Am 23. Februar ist es mal wieder soweit: Der „Tag des Vaterlandsverteidigers“ steht an. Ich kenne das schon aus Russland bzw. eigentlich der Sowjetunion. Damals war es noch der „Tag der Sowjetischen Armee und der Kriegsmarine“. Und, mal ehrlich, mancherorts hängen heute noch immer die alten Plakate. Überhaupt ist der Feiertag zu Ehren aller Soldaten schon ziemlich alt: Er wird seit der Oktoberrevolution traditionell am 23.2. begangen und hieß ganz am Anfang „Tag der Roten Armee“.

Aber wie dem auch sei, auch Belarus gedenkt in der kommenden Woche seiner Soldaten, allerdings nur dieser. Will sagen: Nicht der Soldatinnen, die es natürlich in der weißrussischen Armee auch gibt. Ein solcher Ehrentag klingt für westeuropäische, zumal deutsche Ohren, vielleicht befremdlich und die Inszenierung mitsamt ihrer sowjetischen Bildsprache macht es einem auch wirklich nicht leicht. Trotzdem muss ich zugeben, dass mir der Gedanke gefällt. Und das nicht nur, weil ich mit einem Soldaten verheiratet bin. Vielmehr ist es eigentlich das Mindeste, was eine Gesellschaft für Ihre Soldaten tun kann, wenn es denn auch wirklich die Bevölkerung erreichen würde. Das ist in Belarus aus Gewohnheit aller möglicher Ehren- und Gedenktage, aber auch durch ein traditionell höheres Ansehen der Armee sicher noch eher der Fall, als z.B. in Deutschland. Schade nur, dass der Tag auch in Weißrussland in der Zwischenzeit zu einer Art Vatertag verkommen ist, an dem weniger eine ernsthafte Beschäftigung mit der Armee als ein allgemeines Besäufnis im Vordergrund steht. Vielleicht ist der Tag deshalb in Belarus, wie auch in der Ukraine, erst gar kein arbeitsfreier Tag, wie es in Russland der Fall ist.

Nähere Informationen zu den belarussischen Streitkräften finden sich hier:

Steven J. Main: The Belarussian Armed Forces: A Military-Political History 1991–2003, Conflict Studies Research Centre, RMA Sandhurst, 2003.

Ministerium der Verteidigung der Republik Belarus

Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik

Überblick

Kultur und Gesellschaft in Belarus auf „Kulturama“

Eine ganz wunderbare Website ist die Plattform von Journalisten und Publizisten, die schwerpunktmäßig aus und über das mittlere und östliche Europa schreiben. Die Internetpräsenz gehört zum Verein „n-ost Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung e.V.“ Seit Dezember 2009 schreibt dort auch der Journalist Ingo Petz, der sich seit Jahren mit Reportagen und Hintergrundberichten gerade über die Kulturszene in Weißrussland einen Namen gemacht hat.

Museen und Ausstellungen, zumal als professionelle Institutionen innerhalb der Kulturlandschaft, spielen bei beiden Websites eine eher untergeordnete Rolle.

Ein Abend zu weißrussischer Kultur in Berlin

Heute Abend findet in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz um 20.00 Uhr ein Abend mit Vertretern der weißrussischen Kultur statt. Mehrere Veranstalter, u.a. die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, haben sich zusammengefunden, um einige Wochen nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus über die Lage von Künstlern, Schriftstellern und anderen Kulturschaffenden zu sprechen.

Zur Diskussion werden erwartet die Schriftstellerin Swetlana Alexejewitsch, der Künstler Artur Klinau, der Musiker Ljawon Wolski sowie der deutsche Schriftsteller Ingo Schulze. Ein Hinweis auf die Veranstaltung gibt auch die in Weißrussland unterdrückte Zeitung Nascha Niwa.

Jüdische Spuren in Minsk

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